
Sondra Radvanovsky als Amelia
Wiener Staatsoper
“UN BALLO IN MASCHERA”
13. November 2013
83.Aufführung in dieser Inszenierung

Kamen Chanev
Zwei Rollendebüts bescherte uns die gestrige Aufführung des “Maskenballs” in einer Ausstattung, welche mit ihrem bunten Kulissenprunk den Eindruck eines Barocktheaters liefert und gleichzeitig dessen Parodie auf die Bühne stellt. Was da ernst gemeint war und was ironisch herüberkommen sollte ist aus Gianfranco de Bosios nur mehr wenig vorhandener Regie und den Prunkmalereien Emanuele Luzzatis nicht so ganz ablesbar, das Ganze bildet samt den üppigen Kostümen der Santuzza Cali immerhin einen historisierenden Rahmen für illustre Sängerscharen und man sollte veranlassen, dass das Publikum ebenfalls in historischen Kostümen erscheinen möge. Für die heutige Eventkultur wäre das doch ein Ansatz.
Das feuchtkalte Wetter garantiert uns Absagen, Ramón Vargas ist diesmal das prominente Opfer und der aus Bulgarien stammende Kamen Chanev gab als Einspringer sein Rollendebüt als Gustavo. Als Des Grieux debütierte er bereits 2007 an der Wiener Staatsoper, in der Folge sang er auch noch Pinkerton und Ismaele am Ring. Nun soll man ja mit einem Einspringer nicht allzu sehr ins Gericht gehen, vor allem wenn er den Abend gerettet hat, aber soviel sei verraten, dass er nicht unbedingt zu den idealen Vertretern dieser Partie zählt. Da fehlt der Schmelz in der Stimme, da mangelt es an der federnden Eleganz für die Kanzonen im zweiten Akt, da vermisst man die leuchtenden Höhen im Liebesduett. Sein Bemühen um Ausdruck in seiner großen Arie und in der Sterbeszene kann letztlich nur mehr wenig überzeugen. Ein sicherlich verlässlicher Sänger, der für Partien im Verismo prädestinierter wäre.

Hila Fahima
Das zweite Rollendebüt betrifft Hila Fahima, die 26 Jahre junge Israelin, neuestes Ensemblemitglied und erst von einem Einspringabenteuer in Graz am vergangenen Samstag zurück. Nach nur einem Probentag gab sie dort in der Neuinszenierung der Zauberflöte ein gelungenes Debüt an der Mur, um jetzt in Wien ein ebenso erfolgreiches und vom Publikum entsprechend gefeiertes Rollendebüt als Oscar hinzulegen, eines mit einem Versprechen an die Zukunft.
Mit voller, leuchtender Stimme, mit Intensität und Intonationssicherheit in den Höhenlagen kann Sondra Radvanovsky punkten, weniger in den leisen Tönen dort, wo sie etwa von ihrem Gatten das Leben erfleht. Immerhin überstrahlt sie die Klangmassen des Orchesters, die ihr die von Jesús López-Cobos entfesselten Philharmoniker entgegenwerfen. Trotzdem, ein Durchhören der menschlichen Stimmen wäre ein Ansatz um die theatralische Funktion des Gesanges glaubhafter zu machen. Gebrüllte Liebeserklärungen sind unglaubwürdig und lächerlich und bringen die ganze Kunstgattung in Verruf. Die Intensität der menschlichen Stimmen sollte durch die Musik unterstützt und nicht zugeschüttet werden. Da sind die Damen und Herren am Pult gefordert! Ansonsten sorgt López-Cobos für kantigen, harten Verdi-Sound.
George Petean verfügt über keinen allzu verführerischen Bariton, muß er auch nicht, wenn er damit nur glaubwürdig für Eifersucht und Morddrohung sorgt. Und in der kurzen aber intensiven Szene der Ulrica ergeht es uns mit Monica Bohinec ebenfalls so. Sie erreicht mit ihrer, in allen Lagen ansprechenden Stimme genügend Wirkung für ihre Beschwörungen, auch wenn das Klangbild hart und etwas flackrig ist.
Peter Jelosits ist wieder als Richter und Diener mit zwei Steuerkarten unterwegs und die beiden oppositionellen Grafen sind in stimmlich festen Händen von Sorin Coliban und Alexandru Moisiuc.
Solides Repertoire.
Peter Skorepa
MERKEROnline
Foto Radvanovsky :Wiener Staatsoper/Michael Pöhn
Foto Chanev: Homepage/Opera Vladarski
Foto Fahima: Israel Vocal Arts Institute