Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN/Staatsoper „DER ROSENKAVALIER“ für den ersten Livestream

28.10.2013 | KRITIKEN, Oper
Sophie Koch als Rosenkavalier

Sophie Koch, der erste gestreamte Rosenkavalier

Wiener Staatsoper
“DER ROSENKAVALIER”
27.Oktober 2013 
354. Aufführung in dieser Inszenierung

 

Ein Abend für die Annalen der Wiener Staatsoper. Das angekündigte WIENER STAATSOPER-livestreaming ging an diesem Abend zum ersten Mal auf Sendung, zu empfangen ausschließlich gegen Bezahlung, vorläufig von einer einmaligen Pauschale von € 14,- je Vorstellung. Man darf gespannt sein, wieviele sich das leisten wollen, welche Dichte an Werken gesendet wird und – sehr wichtig für uns verwöhnte Wiener – ob alle Besetzungsvarianten zu sehen sein werden. Nicht so sehr tolle und mutige Regiearbeiten kann das Haus am Ring bieten, eher reichen diese von uralt oder bewußt konservativ bis mäßig modern, aber das System eines oft ständig wechselnden internationalen Sängerangebotes in den Hauptrollen würzt den Spielplan der Staatsoper. Und gut geprobt müssen die Werke ebenfalls in den Strom der elektronischen Medien eingespeist werden, was einen entsprechenden Einsatz eines qualitativ hochstehenden Hausensembles erfordert. Wieweit durch den “überwachenden” Einsatz der Kameras an Spontanität und Risikobereitschaft bei den Ausführenden geringer werden oder verloren gehen lässt, das wird sich zeigen. Die Angst, musikalische Fehler oder stimmliche Unsicherheiten in riesiger Verstärkung und Vervielfältigung zu globalisieren wird bei den Solisten zu verständlicher Angst führen, wie die Angst des Tormannns vor dem Elfmeter und die Zeiten der durch Singen grässlich verzerrten Gesichter sollten dann aus ästhetischen Gründen ebenfalls vorbei sein! Da kommt durch das Livestreamen einiges auf unsere Sängerinnen und Sänger sowie auf die Maskenbildner zu.

Renée Fleming

Renée Fleming

Soweit man an diesem Abend die Bühne beobachten konnte, müßte allerdings dieses erste Livestreaming gut über die Schirme von PCs, Laptops oder die TV-Geräte gelaufen sein. Renée Fleming ist optisch aber auch eine ganz wunderbare Erscheinung, der liebe Hyppolith hat wahrlich kein altes Weib aus ihr gemacht. Mit dem Monolog über das Alter und das Altern setzte sie bereits gesanglich den Höhepunkt der Aufführung, zusammen mit Adam Fischer und den Philharmonikern ließ sie die Uhren alle, alle stehen in einer beängstigend packenden Art. Im Zusammenspiel mit der wunderbaren Sophie Koch war sie eine souveräne Liebhaberin und Herrin, unbeherrscht in ihrem Zusammenbruch nach dem kusslosen Abschied von Oktavian im ersten Akt durch das Bewußtwerden des Endgültigen dieser Situation. Leicht nehmen, leicht geben ist eben ein Ziel an Reife im Leben, welches sie den anderen im Stück vorlebt.

Peter Rose ist ein liebenswürdiger und bereits altgedienter, billigem Klamauk abholder Ochs, charmiert sehenswert um die Braut herum ohne auf seine landjunkerhaften Grobheiten zu vergessen. Sein Bass hat noch genügend Volumen, wenn man von der etwas ausgedünnten Tiefe absieht. Das Ziel seiner Werbung wurde wegen der Erkrankung Mojca Erdmanns von Ileana Tonca übernommen, eine sich sehr selbstsicher gegen die Zudringlichkeiten des Lerchenauers wehrende und sich sofort begeisternd in den Rofrano verliebende Sophie. Das war alles tadellos gespielt und gesungen, wenn auch mehr von den irdischen als von den himmlischen Tönen zu vernehmen war. Ihr Vater, der Kriegsgewinnler Faninal war mit Adrian Eröd ausnahmsweise einmal problematisch besetzt: Zu jung, zu ernsthaft sah er aus, eher wie ein Kammerdiener im eigenen Palais. Da fehlte die Karikatur des Emporkömmlings, des nach Adel Hechelnden, sowohl darstellerisch aber auch in stimmlicher Gestaltung!

Von der riesigen Schar an Nebenrollen sind zu erwähnen eine Annina mit beachtlichem Mezzo: Ulrike Helzel, ein mit seinen Stimmreserven sprechsingender Polizeikommissar: Walter Fink, der Notar von Alfred Sramek, ein etwas vorlauter Sänger: Jinxu Xiahou, der Wirt, der sein wagnergeschultes Organ etwas einfühlsamer einsetzen müßte: Herwig Pecoraro und Florian Tomaschitz als derzeit letzter einer langen Reihe von stummen Darstellern des Leopold.

In der etwas kalten Pracht der neobarocken Bühnenbilder von Rudolf Heinrich funktioniert noch einigermaßen die Regie von Otto Schenk, dennoch haftet der Inszenierung aus dem Jahre 1968 bereits eine etwas artifizielle Distanziertheit, vor allem im Mittelakt an.

Adam Fischer, dem besonders lebendige Vorspiele zu allen drei Akten gelangen, steht für Hörbarkeit der Sängerinnen und Sänger in deren Begleitung sowie für Durchhörbarkeit der an Zitaten so reichen Partitur.

Eine etwas ungepflegte Applauskultur des stark touristisch durchmischten Publikums im ausverkauften Haus zeigte sich durch rücksichtsloses Hineinklatschen in die jeweiligen Schlußtakte der einzelnen Akte. In den Schlussapplaus mischte sich konsequent ein Buh-Rufer, das Ziel seiner Freundlichkeit blieb er schuldig.

 

Peter Skorepa
MERKEROnline
Bilder: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

 

 

Diese Seite drucken