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WIEN/Staatsoper: CAVALLERIA RUSTICANA / PAGLIACCI

03.02.2014 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Cavalleria Rusticana / Pagliacci. Wiener Staatsoper, 2.2.2014

 Zwei sehr unterschiedliche Hälften brachte das Verismo-Doppel an diesem Sonntagnachmittag. Die wunderschöne Produktion, für die Jean-Pierre Ponnelle verantwortlich zeigte, hat nun schon über 100 Aufführungen erlebt, aber selten hat man einen Turridu gehört, der von dieser Rolle so überfordert war.

 Fabio Armiliato war schon am ersten Abend der aktuellen Serie nicht wirklich überzeugend, aber im Vergleich zu gestern noch immer viel besser. Vielleicht ist er in einer Stimmkrise, vielleicht schafft er altersbedingt diese Rolle nicht mehr (obwohl er figürlich ideal besetzt ist). Auf jeden Fall schmerzte es, diesen sympathischen Sänger so kämpfen zu sehen. Gegen Ende musste man sogar befürchten, dass er komplett eingeht. Leider war diese Vorstellung von ihm absolut nicht staatsoperntauglich. Es ist kaum zu glauben, aber da ging „Merker’s New Best Friend“, José Cura, schon sehr ab!

 Nicht zufrieden musste man auch mit Michaela Schuster sein, obwohl sie sich im Laufe der Serie steigerte. Sie reichte bei weitem nicht an Rollenvorgängerinnen wie zum Beispiel Dolora Zajik heran – sei es nun von der Persönlichkeit her, sei es, dass sie mit zu viel Druck sang. Und es lag wirklich nicht am gut disponierten Staatsopernorchester und am Dirigenten Paolo Carignani, der das Orchester viel besser zügelte als noch bei der Tosca und sehr sängerfreundlich agierte. Es war kein Zufall, dass das Zwischenspiel zum Höhepunkt dieser Cavalleria geriet.

 Auf dieser Basis hatte es George Gagnidze recht einfach, in der Rolle als Alfio zu punkten. Er sang befreiter auf als noch bei seinem Rollendebüt und konnte – auch dank seiner Persönlichkeit – dem gehörnten Ehemann viel Profil verleihen. Immer wieder schien eine Brutalität durch – kein Wunder, dass Lola sich nach einem anderen Typ Mann umsieht.

 Ebendiese Lola ist eine der Rollen, in der sich Zoryana Kushpler profilieren kann. Die Rolle ist nicht besonders groß, aber Kushpler gelingt es, ihren wohl timbrierten Mezzo zu entfalten. Die Tessitura kommt auch ihrer Stimme sehr entgegen und man hofft, dass – ähnlich wie bei Dan Paul Dumitrescu – das Besetzungsbüro ihr weitere, größere Rollen zugesteht. Sie ist dafür auf jeden Fall bereit.

 Aura Twarowska gab die Mama Lucia – wie es so schön heißt „rollendeckend“.

 Nach der Pause stieg die Stimmung merklich, als Ambrogio Maestri vor den Vorhang kam und den Prolog sang – vielleicht nicht ganz so brilliant wie vor einer Woche, aber noch immer beeindruckend. Es ist immer ein Vergnügen, diesen in jeder Hinsicht großen Künstler zu beobachten. Er ist in phantastischer Form und war auf jeden Fall der beste Sänger des Abends.

 Die Ovationen, die man nach dem Vorstellungsende Neil Shicoff darbot, erinnerten an die Anekdote, in der berichtet wird, dass ein Gast mit ziemlichen Unverständnis reagierte, dass einem schon älteren Sänger großer Applaus zu teil war, obwohl seine Vorstellung maximal mittelmäßig war. Die Antwort auf seine Frage lautete – „Ja, das stimmt schon, aber sie hätten ihn vor 20 Jahren erleben müssen!“

 Natürlich ist das etwas pointiert, da Shicoff in gewissen Rollen noch immer Weltklasse ist. Auch muss man vor ihm den Hut ziehen, dass er im Herbst seiner Karriere es noch wagt, zwei neue Rollen einzustudieren (Canio und Kalaf). Shicoff ist bei innerlich zerrissenen Charakteren perfekt aufgehoben und seine intensive Darstellung rechtfertigte auf jeden Fall den Jubel. Dass er in letzter Zeit immer einige Zeit braucht um gesanglich auf Touren zu kommen ist auch bekannt – was bei der Kürze der „Pagliacci“ natürlich zum Nachteil gereicht. Trotzdem – Hut ab vor diesem großen Künstler.

 Inva Mula begann sehr schön, sang auch ihre Arie mit Anstand, allerdings forcierte sie mit dem Fortlauf der Vorstellung etwas zu sehr. Sie ist im lyrischen Fach besser aufgehoben – die Manon dürfte ihr besser liegen.

 Tae-Joong Yang als Silvio hinterließ keinen bleibenden Eindruck und auch Carlos Osuna sang nett, ohne wirklich einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Jens Musger und Martin Müller waren Stichwortgeben.

 Durch die Tatsache, dass das zweite Stück gesanglich um einiges besser war, zeigte sich das Publikum schlussendlich sehr applausfreudig und ging gut gelaunt in den Abend.

Kurt Vlach

 

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