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Wiener Staatsoper : Vincenzo Bellini LA SONNAMBULA

Juan Diego Floréz als erfahrener Eheeinsteiger undDaniela Fally, die Debütantin (Foto: Michal Pöhn)

Juan Diego Floréz als erfahrener Eheeinsteiger und Daniela Fally, die Debütantin (Foto: Michael Pöhn)

Wiener Staatsoper
Vincenzo Bellini  “LA SONNAMBULA”
10.Jänner 2017                                                                  

52.Aufführung in der Inszenierung von M.A.Marelli         

 

Keine Frage, das Interesse an dieser Serie war groß, da sie doch allein fünf  Debüts samt einem tenoralen Weltstar neben diesen Debütant/innen vorstellte. Vielleicht hat die Kälte und der Wochentag ohne einem größeren und üblichen Touristenandrang die schon vor der Pause erkennbaren großen Lücken am Galeriestehplatz verursacht – an den Künstlern kann es nicht gelegen sein, denn sie gaben ihr Bestes und wurden auch am zweiten Abend der Serie mit Applaus überschüttet, vielleicht nicht so stürmisch, da merkte man schon den etwas reiferen Einsatz stolzer Abo-Besitzer.

Zunächst also der stolze Besitzer einer heute im Tenorfach wohl am besten geschulten Stimme mit ihrem süss-herben Klang eines Tenore di Grazia, wenn er die Stimme ins Pianissimo zurücknimmt, bis hin zum metallisch legierten und dem Einsatz eines federnden Floretts gleichenden Spitzentons, deren zahlreich vorhandene scheinbar anstrengungslos in den Raum gesetzt werden. Juan Diego Flórez scheint derzeit in einem Hoch seiner Karriere zu sein, ein Tenor 5,0.

Neben einem solchen Sänger ihr gelungenes Hausdebüt in der Rolle der Amina zu geben, einer wahrlich begehrten zentralen Rolle aus dem italienischen Belcanto, das macht froh, ein wenig stolz, und letztlich bringt es Erleichterung. Man sah es Daniela Fally an, dass sie all diese Gefühle durchgemacht hat, man sah viel Professionalität, denn in diese Partie ohne Orchesterprobe einzusteigen läßt ihre Leistung noch bewundernswerter erscheinen. Ein ihr oft vorgeworfener “soubrettiger” Ton ist aus ihrer Gesangslinie verschwunden, die bellinischen Kantilenen sind klar und ausgeprägt in ihrer Formung, einige noch hörbare Unebenheiten werden mit Aneignung der Partie wohl behebbar.

Die zierliche Maria Nazarowa, die eifersüchtige Gegenspielerin, outrierte gesanglich mit den vielen, in ihrer Höhe wohl mit einem Upgrading versehenen Spitzentönen. Eine Unruhe in der Gesangslinie war die Folge, weniger wäre mehr gewesen. In der Darstellung konnte sie tatsächlich Mitleid erwecken als abgeblitzte Liebhaberin bei Elvino und bei Conte Rodolfo. Letzterer war mit der vornehm wirkenden und ruhigen Erscheinung von Luca Pisaroni bestens vertreten, auch gesanglich konnte dieser ganz seinem baritonalen Material vertrauen.

Die seit dieser Saison im Wiener Staatsopernensemble auftretende, in Hertfortshire geborene Mezzosopranistin Rosie Aldridge sang die Mutter, sie war rührend bemüht, von ihrer Tochter Schande fern zu halten…durch Unterschlagung von Beweismittel. Und der bei Thomas Quasthof ausgebildete Schweizer Bariton Manuel Walser als Alessio ging hörbar durch die Schule seines berühmten Lehrers. Der aus früheren Aufführungen dieser Oper schon bekannte Thomas Körber gab den Notar.

Keine Frage, diese alte Inszenierung Marellis ist wie immer für den spielfreudigen Chor voller schöner Aufgaben. Ein Hingucker jedenfalls, man hatte die Szene sogar mit dem Zauberberg aus dem gleichnamigen Roman von Thomas Mann assoziiert.

Guillermo García Calvo durfte also ohne Proben den Chor der Staatsoper und die Sänger/innen – vor allem die Debütent/innen sorgfältig begleitend – und das Staatsopernorchester im Wesentlichen unfallfrei durch das Werk führen, vielleicht mit daraus entsprechender Reduktion der Spontaneität. Dafür mußte er Buhs zur Pause und am Ende einstecken. Recht geschieht ihm, warum dirigiert er in Wien, wo das Geld rar zu sein scheint für Orchesterproben.

Rund sechs Minuten Schlußapplaus.

Peter Skorepa
MERKEROnline