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WIEN / Volx: DER WATSCHENMANN

01.02.2019 | KRITIKEN, Theater


Foto: Volkstheater

WIEN / Volkstheater in Volx/Margareten:
DER WATSCHENMANN
Nach dem Roman von Karin Peschka
Uraufführung
Premiere: 31. Jänner 2019

Angeblich haben wir die fünfziger Jahre unserer Geschichte vernachlässigt. Haben bestenfalls das Wirtschaftswunder und die Nierentische gesehen, aber nicht das Elend der Besatzungszeit. Das Warten auf die Heimkehrer. Die Verzweiflung unter der hektischen Fröhlichkeit. Der Krieg, der noch in allen steckte. Weil die Oberösterreicherin Karin Peschka, Jahrgang 1967, das in ihrem Debütroman „Watschenmann“ behandelte, galt sie als Entdeckung des Jahres 2014. Nun hat Regisseurin Bérénice Hebenstreit versucht, dem Roman im Volx/Margareten Bühnenleben zu verleihen.

Es ist ja nicht nur Realismus, was die Autorin beschwört – ja, in den Nebenfiguren, die vollmundige Hure Lydia, die auf den Exfreund wartet, um mit ihm die Schusterwerkstatt aufzumachen; der gestrandete Tscheche Dragon, der bei ihr bleibt in der Hoffnung, der Vermisste käme nie wieder, und der Gutes tut; und auch der US-Soldat Elmar, der Mitleid mit den Elendsgestalten hat.

Im Zentrum steht, als gleichnishafter, gänzlich unrealistischer Ideenträger ein gestörter Jugendlicher namens Heinrich, von dem man nicht weiß, ob er der Sohn eines ehemaligen SS-Manns ist oder vom Spiegelgrund kommt. Einer, der wie ein offenes Messer durch die Welt rennt und die Menschen aggressiv angeht, in der Hoffnung, sie mögen ihn schlagen. Watschenmann will er sein, damit seine Mitmenschen das Böse aus sich herausholen und in ihn hineinprügeln können… Eine hoch literarische Idee, die sich mit Sicherheit besser liest als ansieht.

Auf der Bühne gibt das eine Menge Gebrülle und Brutalität, und solche Spekulationen zielen meist ins Leere, weil der Zuschauer sich aus Selbstschutz zurückzieht. Er kann diesen Heinrich weder verstehen noch Mitleid empfinden. Er möchte nur von ihm und seinen spezifischen Problemen befreit werden…

Aber dazu muss man die von Bérénice Hebenstreit ins Volx gestellten eineinhalb düsteren Theaterstunden durchleiden, auf weitgehend leerer Bühne. Böses wabert in der Luft, und dass die Darsteller – Katharina Klar (klar und scharf und wüst verzweifelt), Birgit Stöger (so laut, dass man immer nur zusammenzucken kann), Rainer Galke und Sebastian Klein (in verschiedenen Rollen meist gute Menschen) – Meisterleistungen liefern, hilft nicht viel.

Hat man am Ende über die fünfziger Jahre reflektiert? Und wenn ja, mit welchem Ergebnis? Dass sie schlimm waren, konnte man sich schon vorher sagen. Es ist schwer, aus diesen eineinhalb bösen Stunden eine positive Nutzanwendung mitzunehmen.

Renate Wagner

 

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