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WIEN/ Volksoper: TOSCA – Süßes und Saures zu Halloween

01.11.2012 | KRITIKEN, Oper

 WIEN/ Volksoper: TOSCA am 31.10. 2012  – Süsses und Saures zu Halloween!

 Die Volksopern – Tosca (Premiere im Oktober 2008) sorgt auch in der 31. Vorstellung noch für Nachdenklichkeit, für Ergriffenheit aber auch für Kopfschütteln. Neben der Tosca in der Staatsoper – einer Kult-Inszenierung fur alle Traditionalisten – war es natürlich furchtbar schwer, eine volksopernrepertoirtaugliche Version zu schaffen. Dem Regisseur Alfred Kirchner muss man zugestehen, dass er weder eine Wallmann-Kopie noch eine übermäßige Verfremdung, die beim Volksoperpublikum sicher nicht gut angekommen wäre, produziert hat. Die Aufführung in deutscher Sprache wird ein ewiges Streitthema bleiben; es gibt aber andere deutsche Texte, die wesentlich mehr „rumpeln“ als die verwendete Übersetzung von Günther Rennert. Die Bühnenbilder von Karl Kneidl sind nicht alltäglich – so befinden wir uns im ersten Akt in der Kirche Sant’Andrea della Valle während der Renovierung. Dass wir die Originalzeit (17.Juni 1800) verlassen haben merkt man sofort am Stahlrohrgerüst, das man allerdings in dieser komplizierten, teuren Bauweise niemandem – schon gar nicht der katholischen Kirche – verkaufen könnte. Warum Mario das Gemälde (kein Fresko) bis in die oberste Etage des Gerüsts schleppen muss um dort oben zu malen, weiss man nicht. Warum Tosca im ersten Akt ein absolut unvorteilhaftes Kostüm trägt –  mit einem Hut, dass man glaubt, es tritt die Nichte vom Kräuterpfarrer Weidinger auf, weiss man auch nicht. Es liegt der Verdacht nahe, dass dieses Bühnenbild auch akustisch problematisch ist: die sängerischen Leistungen sind ab dem 2. Akt durchwegs besser. Hier sehen wir ein schmuckloses Büro des Polizeichefs, das gleichzeitig der Vorraum zur Folterkammer des Palazzo Farnese ist.

Es gelang, ein Umfeld für die dramatischen Handlungsabläufe herzustellen, die den wirklich sehr ambitionierten Singschauspielern die Möglichkeit geben, Macht, Liebe, Hass, Freude und Verzweiflung eindrucksvoll zu vermitteln. Das Dach der Engelsburg im dritten Akt ist sehr minimalistisch dargestellt – Erinnerungen an Wieland Wagner kommen hoch – und funktioniert.

 Sehr gut auf die dramatische Handlung eingestellt war das Volksopernorchester unter der Leitung von Gerrit Prießnitz. Eine feinfühlige Abstimmung von zart bis mächtig aber nie schmerzhaft laut: Eine sehr gute Orchesterleistung. Besonders hervorheben möchten wir die berührenden Streichersoli.

Ebenfalls sehr ansprechend waren sowohl der Chor als auch der Kinderchor – beide profitierten von der fast nicht vorhandenen Personenregie.

 Als Mario Cavaradossi hörten wir erstmals den deutschen Tenor (und gelernten Dachdeckermeister) Michael Bedjai. Im ersten Akt klang er sehr angestrengt – möglicherweise bedingt auch durch die sinnlose Kletterei auf dem Gerüst – man hatte auch bei jedem exponierten Ton die zum Glück unbegründete Angst „es könnte was passieren“. Diese Vorbehalte waren ab dem zweiten Akt weg, man hörte mächtige Ausbrüche und schöne Piani, „E lucevan le stelle“ – oder wie auch immer man in der Volksoper dazu sagt – gelang gut, absoluter Höhepunkt war das anschließende Duett mit Tosca: in Summe ein guter Mario.

 Wie auch in der Salome am 23.10. wurde Sebastian Holecek umbesetzt – hoffentlich gibt es dafür nur organisatorische und keine gesundheitlichen Gründe. Als Ersatz wurde Morten Frank Larsen, der Premieren – Scarpia aufgeboten. Die darstelleriche Leistung war wie schon 2008 hervorragend, das Parlando und die Schreie waren passabel, der Wohlklang der Singstimme – eine frühere Stärke dieses sympathischen Sängers – etwas eingeschränkt – aber das wird wieder.

 Die einzige Dame des Abends machte die grösste Freude. Melba Ramos ist auch eine außergewöhnliche Tosca. Nach einem etwas verhaltenen 1. Akt (siehe auch oben) kam sie zu „Vissi d’arte“ richtig in Schwung und erinnerte an die ganz großen dieses Faches. Wir wundern uns immer wieder, dass eine Sopranistin dieser Klasse schon so lange an der Volksoper gehalten werden kann.

 Karl Huml als Angelotti und Andreas Daum als Mesner überzeugen sowohl gesanglich als auch darstellerisch. Benedikt Volz aus dem Kinderchor der Volksoper ist der Hirtenknabe und hat gegenüber der Staatsopern-Tosca den Vorteil, dass er nicht hinter der Bühne singen muss und deshalb gut zu hören ist.

Alles in allem ein sehr schöner, aber kein berauschender Opernabend, der zwar besser als die Salome, aber noch lange nicht gut besucht war.

Maria und Johann Jahnas

 

 

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