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WIEN/ Volksoper: HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN. Premiere

16.10.2016 | Oper

PREMIERE „HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN“ – Volksoper am 15.10.2016

(Heinrich Schramm-Schiessl)

© Barbara Pálffy/Volksoper Wien, zum einmaligen Abdruck freigegeben
Copyright: Barbara Palffy/ Wiener Volksoper

Eine Heimkehr an die Volksoper hat Direktor Robert Meyer die Neuinszenierung – übrigens die fünfte seit 1945 – dieses populären Werkes bezeichnet. Und wenn man dieses Werk auf den Spielplan setzt, stellt sich zu allererst die Frage, für welche Fassung man sich entscheidet. Da Jacques Offenbach vor Vollendung des Werkes gestorben ist, haben unzählige Berufene aber auch Unberufene an diesem Werk herumgedocktert. Musiknummern wurden herausgenommen, solche aus anderen Werken des Komponisten – so ist zum Beispiel die berühmte Barcarole aus der Oper die „Rheinnixen“ – und sogar Stücke anderer Komponisten eingefügt. Ende der 70er- Anfang der 80er-Jahre galt vor allen Dingen beim deutschen Feulleton die Fassung des deutschen Musikwissenschaftler Fritz Oeser als die einzig richtige. Der Oeser-Hype ist mittlerweile auch wieder verflogen und so stellt auch weiterhin jede Bühne die Fassung zusammen, die ihr als die vernünftigste bzw. machbarste erscheint.

(c) barbara pálffy/volksoper
Copyright: Barbara Palffy/ Volksoper

Nach der verunglückten Inszenierung von 2007 gibt es also nunmehr eine Neuinszenierung in Koproduktion mit der Oper Bonn. Der Regisseur Renaud Doucet , der im Haus schon mit „The Sound of Music“, „Turandot“ und „Rusalka“ durchaus erfolgreich war, sagte im Vorfeld, dass er eine eigene Fassung erstellt hat, wobei er sich weitgehend auf die aktuelleste Neuausgabe des Werkes von Michael Kaye und Jean-Christophe Keck stützt. Es ist eine Fassung mit Rezitativen und bis zum Giulietta-Akt merkt man eigentlich kaum einen Unterschied zu bisherigen Aufführungen. Erst in diesem und im Schlussbild kommen einige bisher nicht gehörte Stellen vor. Leider hat man das mittlerweile sehr populär gewordene Septett – eigentlich ein Sextett mit Chor – diesmal nicht mit hineingenommen. Gesungen wurde in deutscher Sprache, lediglich die Arien der Olympia und der Antonia, sowie die Barcarole und das Trinklied des Hoffmann waren französisch.

Die Inszenierung selbst kann man als durchaus gelungen bezeichnen. Manches wirkt zwar etwas skurril, aber das ist bei diesem Werk durchaus zulässig. Die Personenführung ist sehr lebendig, über gewisse Merkwürdigkeiten kann man durchaus hinwegsehen. Die Ausstattung von André Barbe ist stimmungsvoll. Das Bühnenbild hat ein Grundelement, ein Bühnenpoprtal mit einer Art Festloge rechts daneben und einer Tür auf der linken Seite. In dieses Grundelement sind dann die einzelnen Szenenbilder, die optisch sehr schön sind, integriert. Die Kostüme sind ein bunter Mix aus moderner und historisierter Kleidung.

Auch musikalisch war es ein sehr erfreulicher Abend. Da ist an erster Stelle der Sänger der Titelrolle, Mirko Roschkowski, zu nennen. Er verfügt über einen sehr schön timbrierten Zwischfachtenor mit einer sicheren Höhe. Er hielt diese anspruchsvolle Partie nahezu mühelos durch und konnte auch von der Gestaltung her überzeugen. Auch das Damentrio – die Rolle der Stella ist zu vernachlässigen – hinterliess einen sehr guten Eindruck. Beate Ritter sang eine ausgezeichnete Olympia mit blitzenden Koloraturen und hatte auch mit den höchsten Spitzentönen keine Probleme. Auch darstellerich hat alles gepasst. Anja-Nina Bahrmann sang mit breit ausladender und schön phrasierter Stimme die Antonia. Leider vermochte sie die gemischte Sehnsucht nach Liebe und Gesang nicht ganz überzeugend über die Rampe zu bringen. Ein Problem ist fast immer die Besetzung der Giulietta. Sopranen ist sie meist zu tief, Mezzos zu hoch. Kristiane Kaiser war die Partie demnach etwas zu tief, aber sie zog sich durchaus gekonnt aus der Affaire. Darstellerisch blieb sie leider etwas blaß. Eine ausgezeichnete Leistung bot Juliette Mars als Muse bzw. Niklaus. Sie sang mit wunderbar geführter Stimme und war darstellerisch sehr engagiert und lebendig.

Nicht teilen kann ich an diesem Abend die allgemeine Begeisterung für Josef Wagner, der die vier Bösewichte sang. Zugegeben, er hat eine gut geführte, schön klingende Stimme, aber für diese Rollen ist sie einfach zu hell und liegt sie ihm manchmal auch zu tief. Zudem fehlt ihm speziell als Mirakel und als Dapertutto jegliche Dämonie. Christian Drescher sang drei der vier Dienerrollen (mit Ausnahme des Andres) und bot auch eine durchaus überzeugende Leistung. Darstellerisch bot er die nötige Mischung aus Skurrilität und Komik, stimmlich bewältigte er vor allen Dingen die Klippen im Couplet des Franz tadellos. Von den üblichen Mitwirkenden seien noch Stefan Cerny als persönlichkeitsstarker Luther und Crespel, Karl-Michael Ebner als humorvoll-skurriler Spalanzani und Martina Mikelic als schön singende Stimme der Mutter erwähnt.

Sehr gut war diesmal auch das im richtigen Zeitmaß spielende Orchester unter Geritt Prießnitz. Hier wurde bei der Einstudierung offenbar sehr intensiv gearbeitet, denn man konnte so manche Feinheit hören. Der von Thomas Böttcher einstudierte Chor sang ebenfalls sehr gut.

Am Ende diesmal durchaus verdienter Jubel für alle Beteiligten, insbesonders für Beate Ritter und den Titelrollensänger.

Heinrich Schramm-Schiessl

 

 

 

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