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WIEN/ Volksoper: DIE CSÁRDÁSFÜRSTIN – Festvorstellung für Sándor Németh

22.04.2012 | KRITIKEN, Oper

VOLKSOPER: 21.4.: „DIE  CSÁRDÁSFÜRSTIN“  –  Festvorstellung für Sándor Németh

Anlässlich des heuer begangenen 70. Geburtstages (27.2.) und bevorstehenden 30jährigen Volksopernjubiläums (23.10.) des beliebten ungarischen Operetten- und Musicaldarstellers Sándor Németh richtete das Haus in Würdigung dessen langjähriger Verdienste eine festliche Aufführung der Kálmán-Operette aus, in welcher der Jubilar nochmals den Feri Bácsi verkörperte. Dass ihm die Wertschätzung und Liebe des Publikums entgegenschlug und zu 2 „stehenden Ovationen“ führte, war wohlverdient, und mochte auch als Dank für vieles in der Vergangenheit Geleistetes und die Treue zur Volksoper gelten. Auf diese Treue zielte am Schluss noch eine kleine Feier auf offener Bühne ab, in welcher Direktor Meyer Sándor Németh nicht nur namens der Direktion würdigte, sondern auch eine Grußadresse der krankheitsbedingt verhinderten Komponisten-Tochter Yvonne Kálmán verlas und in ihrem Namen ein großes Blumenbukett überreichte.

Doch nun zur Aufführung selbst. Sándor Németh war immer der Inbegriff des quirligen Tanzbuffos, der nie eine besondere Singstimme besaß, doch fast immer dank seiner szenischen Präsenz bestach. Das war zunächst in Wien in so manchen Produktionen am Wiener Raimund-Theater der Fall (u.a. als Boni in der „Csárdásfürstin, den er auch in einer Fernsehproduktion verkörpert), ehe er an der Volksoper mit seinem Debüt als Feri Bácsi eine neue Heimat fand. Seither hat er am Gürtel eine Vielfalt großer und auch kleiner Rollen verkörpert, doch am weitaus öftesten den Feri Bácsi, den er an diesem Abend von bisher insgesamt 290 Aufführungen dieser Inszenierung zum 261. Mal (!) darstellte. Das alles gilt es zu bedenken, will man Némeths Leistung seriös (d.h. ohne „rosarote Brille“) beurteilen. Dass er nicht mehr der virtuos über die Bühne fegende Tänzer vergangener Jahrzehnte sein konnte, lag auf der Hand, und er behalf sich mit vielfach angedeuteten Tanzbewegungen, was ohnehin schon beachtlich genug war. Leider ist aber auch die Sprechstimme ziemlich kraftlos geworden, so dass fast alles gedämpft und mit weit weniger Wirkung als früher über die Rampe kam (möglicherweise wäre in seinem Fall eine akustische Verstärkung angebracht gewesen). Im 3. Akt setzte er zwar ebenfalls kaum Pointen, aber mit seiner „ewigen“ Glanznummer, dem Csárdás „Jaj, mamám“, zeigte er nochmals den „Löwen“ und sorgte für einen Höhepunkt. Das Publikum spendete Ovationen, und die Aufführung konnte erst nach 3 Da capos (!) dieser Nummer (in ungarisch, englisch/japanisch und zuletzt ungarisch/russisch) zu ihrem Happy End geführt werden.

Lobend sei erwähnt, dass die Besetzung der von Rudolf Bibl mit Operettenkenntnis routiniert dirigierten Vorstellung (manchmal hätte er freilich die Lautstärker des Orchesters etwas drosseln können) sorgfältig aufeinander abgestimmt war. Annely Peebo sang die Titelpartie der Sylva Varescu sehr schön, blieb jedoch in der Prosa verschwommen. Elisabeth Schwarz war das Idealbild einer Stasi, und Roman Martin trat als hervorragender Boni einmal mehr den Beweis an, dass er für das Ensemble ein großer Gewinn ist. Thomas Sigwald verströmte als Edwin so etwas wie strahlendes Operetten-Charisma (was heutzutage leider schon selten ist), und klang in der Mittellage stärker als früher, ohne dass allerdings dieses Wachstum auch auf die extreme Höhe übergegriffen hätte. Demgemäß kam die Kadenz in seiner (eingelegten) Auftrittsarie zwar sicher, klang aber relativ dünn und somit unorganisch. Als Leopold Maria („alter Edwin“) war Peter Matic ein Schatz, wogegen die andere Burgtheater-Leihgabe, Maria Happel, weder durch szenische Präsenz noch deutliches Sprechen an die Hausbesetzung der Anhilte herankam. Rollengerecht zeichnete Markus Kofler einen unsympathischen Baron Rohnsdorff und Nicolaus Hagg einen schlitzohrigen Manager Siggi Gross.

Gerhard Ottinger

 

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