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WIEN/ Volksoper: DER MANN VON LA MANCHA – wider alles Unrecht der Welt. Premiere

18.10.2015 | Allgemein, Operette/Musical

„WIDER ALLES UNRECHT DER WELT!“ – EINDRUCKSVOLLE NEUINSZENIERUNG VON „DER MANN VON LA MANCHA“ AM WÄHRINGER GÜRTEL ( 17.Oktober 2015)


Patricia Nessy. Foto: Barbara Palffy/Volksoper

Der „Ritter von der traurigen Gestalt“ hat wieder als Musical von Dale Wasserman und Mitch Leigh an der Volksoper Hochsaison. Sein sprichwörtlicher Kampf gegen die Windmühlen, sein unbeirrbares Aufbegehren „wider alles Unrecht der Welt“ wird diesmal von Robert Meyer, dem Hausherrn selbst, angeführt. Aus einem einst idealen Sancho Pansa (neben Karlheinz Hackl) wurde ein neuer, wahrlich eindrucksvoller Don Quixote. Ein zerbrechlicher, sensibler Antiheld, der auch vokal mehr als überzeugte. Die Regie des Stückes, das vor 50 Jahren am Broadway herauskam (und 3 Jahre später – 1968 – im Theater an der Wien mit Josef Meinrad, Fritz Muliar und Blanche Aubry) lag diesmal in Händen von Olivier Tambosi, für die Ausstattung zeichnete Friedrich Despalmes verantwortlich. Dabei ist der Ausdruck „Ausstattung“ irreführend. Denn im Grunde gibt es keine Kulissen, kaum Kostüme. Das ganze „Abenteuer“ findet im Kopf der Protagonisten statt. Oder in der Phantasie des Publikums. Nein – ein Requisit gibt es doch. Zu Beginn schiebt sich eine riesige „Himmelsleiter“ in den dunklen Bühnenraum, in dem Mörder, Zuhälter und Diebe beiderlei Geschlechts auf zwei neue Insassen warten. Es sind dies Cervantes und sein Gehilfe, der sich vor der Inquisition gegen den Vorwurf der Gotteslästerung verteidigen soll. Als sich die Häftlinge über seine wenigen Habseligkeiten (darunter der Text zum Don Quixote) zu streiten beginnen, schlägt Cervantes vor, den „Mann von La Mancha“ als Phantasie-Gemeinschaftsproduktion zu inszenieren. Und so schlüpft jeder in eine der Rollen, in zeitlose Charaktere, die mit der Zeit von Cervantes gar nichts zu tun haben.


Patricia Nessy, Martina Dorak, Robert Meyer. Foto: Barbara Palffy/ Volksoper

Das Orchester der Volksoper ist übrigens hinter der Bühne angesiedelt, die Sänger singen mit Mikrophon und der Dirigent Lorenz C. Aichner trägt wesentlich zum großen Erfolg des Abends bei, der ganz vom Ensemble getragen wird. Weder Boris Pfeifer – ein besonders junger Sancho Pansa mit ausgestopftem Bach – noch Patricia Nessy als Aldonza spielen sich in den Vordergrund. Sie gehören zu der Truppe der „Selbstdarsteller“, sind „cool“ aber keine Stars. Selbst Robert Meyer ist oft nur „Primus inter pares“. Aber er dominiert den Abend, der ganz von der Gesamt-Truppe geprägt wurde. Ausgezeichnet sind sie alle: Christian Graf als Wirt, Mehrzad Montazeri als Padre, Christian Dolezal als Carrasco, Martina Dorak als Antonia, Thomas Sigwald als Barbier, Wolfgang Gratschmaier als Haushälterin und Susanne Litschauer als Maria. Die Personenführung von Tambosi ist einfühlsam und phantasiereich (etwa bei schlangenartigen Verrenkungen des Ensembles), die Inszenierung vermeidet Show-Elemente. Zuletzt entdeckt man, wie aktuell dieses Stück geblieben ist. Trotz verschwundener Windmühlen und fehlender Ritterrüstungen. Den unmöglichen Traum von einer besseren Welt – sollten wir ihn nicht auch heute wieder träumen? Wer nachdenklich aus einem Musical kommen will, in der Volksoper hat er die ideale Gelegenheit dazu!

Peter Dusek

 

 

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