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WIEN / Vienna’s English Theatre: WAIT UNTIL DARK

08.11.2017 | KRITIKEN, Theater

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Foto: Reinhard Reidinger

WIEN / Vienna’s English Theatre:
WAIT UNTIL DARK von Frederick Knott
Premiere: 7. November 2017

Es gibt Filme, die in der Erinnerung ungemein stark wirken, und es gibt Stories, die auf der Filmleinwand einfach besser aufgehoben sind: Das macht es für „Wait Until Dark“ von Frederick Knott auf den Brettern von Vienna’s English Theatre nicht leicht (der Autor hat mit „Bei Anruf Mord“ übrigens einen konziseren und überzeugenderen Krimi geschrieben).

Unvergeßlich in dem 50 Jahre alten Film von „Bond“-Regisseur Terence Young: Audrey Hepburn in der Rolle der blinden Susy, „Oscar“-nominiert, zart und stark und klug zugleich im Kampf mit einem brutalen Psychopathen (damals gespielt von Alan Arkin).

Auf der Bühne braucht die Spannung lange, um sich aufzubauen: die beiden Gangster, die da zuerst erscheinen (Chris Polick als der letztlich fast noch sympathische Mike und Simon Lloyd als der füllige Croker mit leicht humoriger Ausstrahlung) amüsieren anfangs mit ihrem Unterklasse-Englisch, das kurzzeitig gewöhnungsbedürftig ist, bevor man sich darauf einstellt.

Die Intrige, die von Roat (Tommy Burgess in einer brillanten Sadisten-Studie) eingefädelt wird, um eine Heroin-gefüllte Puppe wieder zu bekommen, die vom Gatten (Harry Livingstone) der blinden Susy nach London gebracht wurde (er wusste nicht, was er tat, als er einwilligte, sie für eine schöne Frau mitzunehmen), ist eindeutig zu kompliziert und im Grunde unnötig. („Überhochmetzt“ hat Arik Brauer, der hinter mir saß, die Handlung im Pausengespräch genannt, und schöner als mit diesem jiddischen Ausdruck kann man es kaum charakterisieren.)

Erst nach der Pause zieht die Spannung langsam an – und Susy Henderson in Gestalt der hübschen, brünetten Hannah Brackstone-Brown kann ihre Ängste und Stärken so richtig ausspielen, wobei sie in Zoe Thorne, der man die halb boshafte, halb eifrige 13jährige ohne weiteres glaubt, eine starke Mitspielerin hat.

Letztendlich, wenn es auf der Bühne zu Mord und Totschlag kommt, was sich im Kino einfach glaubwürdiger bewerkstelligen lässt, fragt man sich, ob dieser so konstruierte Thriller – den Philip Dart in der attraktiven Wohnküche von Judith Croft so pointiert wie möglich in Szene gesetzt hat – die Konkurrenz mit der Erinnerung an den Film aufnehmen kann. Die Antwort ist: nein.

Renate Wagner

 

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