UNBEKANNTES WIEN
UNHEIMLICHES WIEN
GEHEIMNISVOLLER DA VINCI CODE IN WIEN
Buchserien haben ihren Reiz, zumal für Käufer. Einst hatte der Styria Verlag (dessen Konzern der Pichler Verlag heute angehört) eine unglaublich erfolgreiche, gleich ausgestattete Reihe von Habsburger-Biographien zu bieten, die heute noch in Antiquariaten begehrt sind. Derzeit setzt man bei Styria / Pichler auf Wien-Bücher der anderen Art, die sich die Aufgabe stellen, Unbekanntes aufzuspüren. Man kann sie teils als Stadtführer benützen, teils als kulturhistorische Ergänzung des Bekannten – teils auch als Zeitgeist-Beiträge, wenn etwa dem „Schaurigen“ besonders viel Raum gewidmet wird…
Von Renate Wagner
UNBEKANNTES WIEN
Verborgene Schönheit / Schimmernde Pracht
Isabella Ackerl / Harald A. Jahn
256 Seiten, Pichler Verlag 2013
Nicht weniger als 95 Wien-Stationen (die runde Summe 100 ist sich nicht ausgegangen?), von denen nur wenige bei den üblichen Stadtführungen dabei sein werden (nimmt man die Anker-Uhr und andere Glanzpunkte aus). Stets auf nur wenigen Seiten behandelt, informativer Kurztext, schöne Fotos, dazu die Adressen (samt den Öffis, mit denen man sie erreichen kann). Das Buch ist handlich, man sollte damit spazieren gehen (leider fehlt der Wien-Plan, wo man die einzelnen Nummern schnell auffinden könnte).
Die Reise führt vom römischen Wien ins sagenhaft mittelalterliche, durch Kirchen und Barockpaläste, Ringstraßen-Prunk und Jugendstil-Juwelen bis zum Roten Wien (auch der Karl Marx-Hof bekommt eine Geschichte) und den Relikten aus der NS-Zeit. Man liest über Kaffeehäuser und Vergnügungsstätten, Friedhöfe, Museen, Denkmäler, auch die Verkehrsmittel oder die Kanäle sind Erwähnungen wert. Manches wird auch dem Kenner neu sein und vieles wird als Anregung dienen, sich die vorgestellten Wien-Punkte der oftmals anderen Art selbst anzusehen.
UNHEIMLICHES WIEN
Gruselige Orte / Schaurige Geschichten
Robert Brouchal / Gabriele Lukacs
208 Seiten, Pichler Verlag 2013
Dass ein Buch über Schauriges selbst schaurig sein kann, wenn man es in der Hand hält… Aber die hier erzählten Wien-Geschichten können es mit jedem Horror-Film aufnehmen: Gespenster, wandernde Leichen, lebendig Begrabene, Vampire und Exorzismus, Todesboten – ein solcher ist ja auch Mozart erschienen. Musikfreunde werden sich darüber hinaus wahrscheinlich über die Idee wundern, die vielleicht noch nicht jedem untergekommen ist, dass Mozart in Schuberts Gestalt wieder auferstanden sei!
Außerirdische kommen vor (sie sollen sogar einem Sachbuchautor, der über sie schrieb, das Leben gekostet haben), Flüche, Hexen, Folter… was gibt es in dem Buch nicht? Echt grauslich – und folglich wohl auch für manche interessant.
Besonders bemerkenswert sind hier auch die Fotos, die viel zur Unheimlichkeit des Buches beitragen: Da hat Photoshop (oder ein anderes Bildbearbeitungsprogramm) gewütet, um Farben zu intensivieren, Kontraste zu verstärken, bedrohliche Schatten zu werfen, abgesehen von den schrägen Blickwinkeln und verzerrten Positionen, mit welchen der Fotograf Robert Brouchal die Realität dramatisiert und vergruselt. Vielleicht sollte man das Buch nicht lesen, wenn man nachts allein im Bett in einem großen, leeren Haus liegt – sonst hält man für möglich, dass unter krachenden Dielen die Leichen hervorkriechen…
GEHEIMNISVOLLER DA VINCI CODE IN WIEN
Verborgene Zeichen / Versteckte Botschaften
Robert Brouchal / Gabriele Lukacs
192 Seiten, Pichler Verlag 2013
Dan Brown wäre mit seinem „Grals“-Krimi nicht zu weltweiten Bestseller-Ehren gelangt, hätte er sich nicht eines Themas angenommen, das wohl nie an Interesse verlieren wird, weil man die ungelösten Fragen vermutlich nie beantworten kann. Muss man die Geschichte deshalb nach Wien tragen? Die Antwort lautet auf jeden Fall: ja. Denn man glaubt es kaum, in welch reichem Maße man zu diesem Themenkomplex fündig wird.
Ganz abgesehen einmal davon, dass Wien in der Schatzkammer ja eine Achatschale besitzt, die immer wieder als „Gral“ ausgegeben wurde, und Wiens „Heilige Lanze“ hat ja sogar Adolf Hitler (abergläubisch wie alle Diktatoren) so faszinierte, dass er sie aus Wien stahl und als „Wunderwaffe“ mitnahm…
Außerdem, um auf Leonardo Da Vinci zu kommen, besitzt Wien in seiner „italienischen Kirche“, der Minoritenkirche, eine Mosaik-Kopie des „Letzten Abendmahls“ in Originalgröße, die in besserem Zustand ist als das Original… Und wenn man, so wild spekulierend wie Dan Brown, sich die historischen Fakten weiter zurecht biegt, kommt man auf abenteuerliche Schlussfolgerungen.
Vergessen wir, dass Kaiser Karl VI. den armen Lothringer Franz Stephan, der im europäischen Machtspiel nichts galt, nicht zum Schwiegersohn wollte: Im Gegenteil, liest man hier. Die Hochzeit von Maria Theresia mit Franz Stephan und die „Verstärkung“ des Lothringer-Bandes durch die Hochzeit von Maria Theresias Schwester mit Franz Stephans Bruder, geschah einzig und allein, um die „Blutlinie“ von Jesus und Maria Magdalena über die Merowinger und die Lothringer auf die Habsburger zu übertragen! (Das wäre ja ein eigener Roman!)
Dass in einem Buch wie diesem die Templer, die Freimaurer und die Illuminaten ebenso wenig fehlen dürfen wie das Goldene Vlies – und dass der Pavillon im Tiergarten Schönbrunn offenbar ein „Kraftort“ und „Gralstempel“ war (!!!), all das liest sich einfach zu schön, wenn man dem Thema mit Interesse – und dem nötigen Schmunzeln gegenüber steht.