Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN / Theater der Jugend: CINDERELLA PASST WAS NICHT

14.12.2017 | KRITIKEN, Operette/Musical

Cinderella passt was nicht / Theater der Jugend / Renaissancetheater
Alle Fotos: Rita Newman

WIEN / Theater der Jugend im Renaissancetheater:
CINDERELLA PASST WAS NICHT
Musik von Thomas Zaufke / Text von Peter Lund
Premiere: 13. Dezember 2017

Ein Theaterbesucher lernt aus seinen Erfahrungen – und die sagen ihm (wir wissen es nicht zuletzt von „Grimm“ im Theater der Jugend), dass er mit dem Duo Peter Lund / Thomas Zaufke kein Risiko eingeht (zumal, wenn dann noch Werner Sobotka inszeniert). Nicht, dass die beiden nun ewige Meisterwerke schaffen würden, aber sie bedienen das Theater der Gegenwart mit kindergerechten Versionen klassischer Themen, in Musical-Form verpackt, witzig und zeitgemäß. Die einzige Frage, die sich stellt (wenn man an ein Publikum ab 6 Jahren denkt): Müsste man „Aschenputtel“ nicht an sich kennen, gut kennen, um an der Neubearbeitung den wahren Spaß zu haben? Die Kinder im Renaissancetheater haben allerdings herzlich gelacht.

Cinderella war gestern. Die hat den Prinzen geheiratet und ist Königin geworden. Obwohl die Handlung in Mausehausen spielt (wir sind immer noch im Märchen), heißt eine Königin praktischerweise Victoria und nennt ihren Sohn „Prinz Hamlet“, da weiß man, woran man ist. Die böse Schwester, die damals den kürzeren gezogen hat, war dann nicht so glücklich – der Mann, den sie geheiratet hat, hat sie mit einer aufmüpfigen Stieftochter und einer (nur einer, nicht zwei!) dümmlichen eigenen Tochter zurück gelassen. Um das Schicksal zumindest in der zweiten Generation zu korrigieren, soll ihre Tochter Erna nun den Prinzen Hamlet heiraten. Und die lästige Johanna, der dauernd etwas nicht passt, soll sehen, wo sie bleibt mit ihren radikalen Ansichten – das einzige, was Papa ihr zurückgelassen hat.

Cinderella passt was nicht / Theater der Jugend / Renaissancetheater

Nun, das wäre trotz Modernisierung die alte Geschichte, aber Lund hat sie besonders aufgeputzt: mit einer Fee Aurora, als welche Frank Engelhardt in Frauenkleidern erscheinen darf, ein Mittelstück zwischen Rühmann in „Charleys Tante“ und Dustin Hoffman in „Tootsie“ (nur dass die Fee sich am Ende in Männerkleidern als der einst abgepaschte Papa entpuppt, das geht etwas weit). Er wäre jedenfalls der alleinige Liebling des Abends, hätte er nicht die starke Konkurrenz von drei Mäusen: Wie diese (Handpuppen – Puppenbau und Coaching: Richard Panzenböck) aus der Kiste kommen und kreischen und keifen und Frechheiten sprühen – das ist ein Vergnügen der besonderen Art. Allein mit Aurora und den Mäusen würde der Abend mit fliegenden Fahnen siegreich in die Zielgrade brausen.

Cinderella passt was nicht / Theater der Jugend / Renaissancetheater

Aber Regisseur Werner Sobotka, unterstützt von Choreographin Nina Tatzber, kann in einer passenden Ausstattung (Bühne Sam Madwar / Kostüme Elisabeth Gressel) auf eine glänzende Besetzung zurück greifen, die nicht nur tanzen und singen kann (letzteres bei leider etwas übersteuerter Tonanlage, also schärfer als nötig) und ihre modernen Versionen der Figuren auch köstlich spielt.

Das heißt, Mütter sind wohl immer gleich – und Patricia Nessy, die man ja eigentlich als Operettendiva (oder Aldonza) kennt, macht sich spürbaren Spaß daraus, die böse, intrigante, dabei urkomische Stiefmutter zu parodieren, Aber auch Rebecca Soumagné als das noch immer schüchterne Ex-Aschenbrödel, jetzt Königin Victoria, ist köstlich.

Ein zappeliger Prinz mit sozialistischen Ansichten (das ist vielleicht ein bisschen zu politisch korrekt, man kann es auch übertreiben) ist der schlaksige Simon Stockinger, einen witzigen Kammerdiener (eigentlich halb Maus!), der weiß, wie man sich bei den Mächtigen verhalten muss, gibt Manuel Lopez, und dass sich die blond-rosa-törichte Erna in ihn verliebt, glaubt man Beate Korntner sofort. Sie ist übrigens für eine Mäusestimme zuständig, Stockinger und Jakob Elsenwenger geben die anderen, ein akustisch ausgefeiltes Komiker-Trio vom Feinsten.

Bleibt die Heldin, ideal besetzt mit der jungen Livia Wrede, die trotzend, singend, tanzend, spielend das ideal-heutige Aschenbrödel ist – und weil wir’s ja mit gläsernen Schuhen nicht mehr so haben, ist es diesmal ein Stiefel, der passen muss. Aber der Abend, dessen Gebrauchsmusik schmissig vom Tonband kommt (Musikalische Leitung: Patrick Lammer), ist absolut kein Stiefel…

Renate Wagner

 

Diese Seite drucken