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WIEN / Theater an der Wien: COSI FAN TUTTE

28.03.2014 | Oper

Cosi fan tutte Szene~1
Alle Bilder: Theater an der Wien / Herwig Prammer

WIEN / Theater an der Wien:
COSI FAN TUTTE von W.A. Mozart
Konzertante Aufführung im Rahmen der „MOZART-TRILOGIE“
27. März 2014

Der Mozart-Zyklus des Theaters an der Wien ging mit der wohl überzeugendsten Präsentation der drei Da Ponte-Opern zu Ende: Mit „Cosi fan tutte“ hat Nikolaus Harnoncourt mit seinem Concentus Musicus Wien vermutlich auch alle jene überzeugt, die nicht a priori vor Begeisterung auf die Sessel springen, nur weil er dirigiert. War die Ouvertüre zwar im üblichen harschen, grobkörnigen Ton gehalten, so hat er sich mit den beiden Liebespaaren und eigentlich auch mit den beiden Buffa-Gestalten am Rande, die dennoch die Handlung vorantreiben, überzeugend befreundet. Da herrschte über weite Strecke ein Ton der Zartheit, der diesen Liebegeschichten und Seelenqualen auch innewohnt, und eine Elastizität, wie man sie in Mozarts Musik fühlt. Mag auch manches wieder sehr „langsam“ gewesen sein, an Drive fehlte es dem Abend, der nur unwesentlich länger war als „normale“ Aufführungen, nicht.

Cosi fan tutte Harnoncourt x~1 Cosi fan tutte Kulman~1

Wieder sind die Rezitative bis ins Detail ausgearbeitet, teils gesprochen, immer „gestaltet“, mehr oft, als man es in szenischen Aufführungen sieht, was dem Geschehen große Lebendigkeit verlieh. Vor allem aber hat Harnoncourt die Sänger zu einem Mezzavoce verpflichtet, das stets eher ins Piano überging als ins Forte (dieses nur bei extrem leidenschaftlichen Stellen und in den Finali), und solcherart von großer Anmut war: Die Abschiedsszene der Männer klang so wunderbar verhalten wie ein barockes Lamento, Alfonso flüsterte seine intrigante erste Arie beinahe, und selten hat man Fiordiligis ach so schwierige Arien dermaßen als schwankende und schwebende Seelenzustände begriffen wie hier. Kurz, Harnoncourt fuhr einmal nicht wie ein Berserker über Mozart, was er oft und gerne getan hat.

Die Besetzung war nicht gänzlich gleichmäßig, aber doch als Ganzes genommen sehr schön. Königin des Abends als eine Königin des Witzes war Elisabeth Kulman als Despina. Nun wird diese Rolle wie auch die Zerlina dank ihrer doch eher tiefer gelegenen Tessitura immer wieder auch von Mezzos mit Höhe gesungen, und die Kulman ist wahrlich ein solcher. Aber wenn man bedenkt, in welcher Leichtheit und Leichtigkeit sie ihre Fricka- und Brangäne-Stimme hier führte, wie sie den Dottore näselte und den Notariaro krähte, Meisterstückchen der Ironie, wie sie mit Hüftschwung tänzelte und sich über ihre Ladies lustig machte und so unglaublich locker parlierte – das war eine unvergessliche Köstlichkeit, und man ist froh, dass dergleichen durch Aufzeichnung ein breites Publikum und die Nachwelt erreicht.

Sehr viel haben diese drei Harnoncourt-Abende für die beiden jungen Sänger Andrè Schuen und Mauro Peter getan, die vermutlich nun durch den Meister die gebührende Aufmerksamkeit erhalten haben. Sie waren in jeder Oper dabei und hier am idealsten eingesetzt, beide mit wunderschön timbrierten Stimmen und exzellenter Technik, dazu begabte Gestalter in jeder Hinsicht. Andrè Schuen gab dem Guillelmo, wie er bei Harnoncourt heißt (wo immer er diese „Richtigstellung“ des Namens gefunden hat, der bei uns aus alten Gewohnheit anders lautet) mit dunkler Stimme und Macho-Attitüde, Mauro Peter zeigte vor allem bei „Un’aura amorosa“ mehr als nur den nötigen langen Atem und die perfekte technische Disziplin: einen so schönen hellen Mozart-Tenor, der dennoch nicht wie ein Sängerknabe, sondern wie ein Mann klingt, wird man nicht alle Tage hören.

Cosi fan tutte 2 Maenner x~1 Cosi fan tutte 2 Frauen x~1

Auch für Mari Eriksmoen wurden die drei Mozart-Abende von Harnoncourt ein Triumph, zumal dieser, wo man doch meinte befürchten zu müssen, dass die Fiordiligi für sie zu schwer sein könnte, vor allem „Come scoglio“ mit den mörderischen Sprüngen zwischen den Registern und der einerseits lyrischen Tiefe, andererseits dramatischen Höhe. Wie Mari Eriksmoen beide ihre Arien meisterte („Per pietà, ben mio“ ist ja nicht leichter), war schlechtweg bewundernswert. Außerdem wusste sie, bildhübsch und schlank im schlichten blauen Abendkleid, natürlich jede Sekunde, was sie sang und spielte.

Sie hatte in Katija Dragojevic (bildhübsch und schlank im roten Abendkleid) eine Schwester, deren nicht allzu üppiger Mezzo gleichfalls von Harnoncourt auf Verhaltenheit gestimmt war. Zu verhalten war am Ende nur Markus Werba als Don Alfonso – nicht, weil er seine Rolle nicht köstlich pointiert hätte, aber weil er vom Stimmcharakter weit eher ein Guglielmo ist (bleiben wir bei dem Namen, Harnoncourt wird daran auf die Dauer nichts ändern), im Timbre fast heller als Andrè Schuen, keinesfalls der vollmundige Baß, den man als Kontrast gerne in der Rolle sieht und hört.

Der Arnold Schoenberg Chor (geleitet von Erwin Ortner) marschierte diesmal ohne Mätzchen auf und ab, und auch sonst verließ sich die Präsentation (die nur einmal Papierschiffchen herabsenkte, als die jungen Männer ihren Abschied nahmen) einfach auf ihre Interpreten – und war absolut nicht verlassen damit.

Der Gesamteindruck des Abends war schlicht und einfach – überzeugend, und solcherart schied ein begeistertes Publikum von einem Unternehmen, das sich letztendlich gelohnt hat. Harnoncourt präsentiert keinesfalls den allein selig machenden Mozart. Aber dem selig machenden ist er mit der „Cosi“ recht nahe gekommen.

Renate Wagner

 

 

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