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WIEN/ Staatsoper: WERTHER

14.03.2015 | Oper

Wiener Staatsoper: Jules Massenet: WERTHER. 13. März 2015

Die Gheorghiu vor dem sterbenden Werther des Borras

Die Gheorghiu vor dem sterbenden Werther des Borras. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

 Seit vor etwa einem Jahr der aktuelle Spielplan herausgekommen ist und bekannt wurde, dass Angela Gheorghiu die Charlotte in Massenet’s Werther singen würde, war man allgemein gespannt, ob es zu diesem Rollendebüt der Sopranistin tatsächlich kommen wird. Die Sängerin schätzt Zeitverschiebungen bekannterweise gar nicht und der von Andrei Serban inszenierte Werther an der Wiener Staatsoper wurde ja in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts verlegt.

Trotzdem. Sie ließ sich auf die Inszenierung ein und so kam es zu ihrem szenischen Rollendebüt, nachdem sie die Partie bisher nur einmal auf CD gesungen hat.

 Doch vorerst zum Interpreten des Titelhelden. Jean-Francois Borras ist im Moment der Einspringer vom Dienst, der damit sehr erfolgreich ist und einen Erfolg nach dem anderen feiert. Bereits zu Saisonbeginn begeisterte er in Wien als Des Grieux in Massenet’s Manon als er kurzfristig die Partie übernahm, und auch an der New Yorker MET feierte er einen wahren Triumph als er für Jonas Kaufmann als Werther eingesprungen ist.

Für die aktuelle Werther-Serie in Wien ist er nun für Ramon Vargas eingesprungen, und wieder mit großem Erfolg. Borras verfügt über einen geschmeidigen, lyrischen Tenor, der keinerlei Probleme mit den Spitzentönen hat, die auch mit etwas Metall versehen sind. Der Ton ist schlank, der Gesangsstil wirklich französisch. Das heißt, der Sänger verfällt nicht in Verismo-Unarten und sein Werther haucht in zärtlichen Pianotönen sein Leben aus.

 Dass Angela Gheorghiu die Mezzopartie der Charlotte übernahm, ließ so manchen die Frage stellen, ob es denn auch eine Sopranfassung gibt. Die gibt es natürlich nicht. Das hat aber schon in der Vergangenheit so manche Sopranistin nicht daran gehindert diese Mezzorolle zu singen. Victoria de los Angeles sei da erwähnt oder auch Gheorghiu’s berühmte Landsmännin Ileana Cotrubas.

 Mit den Tiefen der Partie hat sie in den ersten beiden Bildern ihre Probleme, da springt die Stimme nicht recht an und es fehlt einfach die Klangfülle. Ab dem dritten Bild bzw. nach der Briefszene findet sie dann immer mehr in die Rolle, und ihr herrliches Timbre kommt deutlich besser zur Geltung, was auch den dramatischen Ausbrüchen gut steht. Sehr intensiv und stimmschön finden Gheorghiu und Borras im großen Duett zueinander, wie auch im Schlussduett ihre Stimmen wunderbar harmonieren.

Die Kostüme der 50er Jahre stehen Gheorghiu übrigens ausgezeichnet. Sie ist optisch allerdings ganz das Gegenstück zu Elina Garanca, die ja in der Premierenserie wie eine Hitchcock-Heroine anmutete und wie ein Klon von Kim Novak in dessen Film Vertigo wirkte. Gheorghiu erinnert mit ihrem schwarzen Haar eher an den Wiener Hollywoodstar Hedy Lamarr, deren große Karriere allerdings in den 50er Jahren schon zu Ende ging.

 Ludovic Tézier, der bereits selbst als Werther in der Baritonfassung in Wien aufgetreten ist, war diesmal Albert. Zwar mit schöner Stimme, aber doch recht einförmig und farblos im Vortrag, kann er nicht viel aus der undankbaren Rolle herausholen. Aus dem Albert könnte wahrscheinlich nur ein Simon Keenlyside was machen.

Daniela Fally ist eine stimmlich frische Sophie, Alfred Sramek ein bewährter Le Bailli. Hans Peter Kammerer und Benedikt Kobel komplettieren das Ensemble als Johann und Schmidt.

 Frederic Chaslin betont das Seelendrama und entlockt dem hervorragend musizierenden Orchester der Wiener Staatsoper regelrecht impressionistische Klangfarben.

Dafür gibt es am Ende auch vom Publikum Bravo-Rufe.

Mehr noch gibt es für die Hauptrollensänger, wobei Borras – den man hoffentlich bald wieder an der Staatsoper hören wird – den größten Publikumszuspruch erhält. Gheorghiu bekommt neben Bravo-Rufen auch rote Rosen und einen Plüschhund zugeworfen.

Ein sehr guter Repertoire-Abend.

 Lukas Link

 

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