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WIEN Staatsoper „TOSCA“ Ein DOMINGO- Bashing…

04.02.2017 | Oper

 

Sae Kyung RIM als besorgte Tosca mit Aleksandrs ANTONENKO als Cavaradossi: Die Folter ist bis heute nicht im italienischen Strafgesetz abgeschaft!!!

Sae Kyung RIM als besorgte Tosca mit Aleksandrs ANTONENKO als Cavaradossi: Die Folter ist bis heute nicht im italienischen Strafgesetz abgeschafft!!! Scarpia darf unbesorgt weiterwüten bis zum 600er.

Wiener Staatsoper
Giacomo Puccini   TOSCA
3.Februar 2017

592.Aufführung in der Inszenierung von Margaritha Wallmann

 

Ein DOMINGO – Bashing

 

…ist das jetzt mit Sicherheit nicht, zu dem es in den letzten Kritiken gekommen ist oder bei dem sich Forumsteilnehmer damit brüsten, ihm eins auszuwischen. Denn bei allen in Frage zu stellenden posttenoralen Aktivitäten eines der sogenannten Jahrhunderttenöre, vor manchen Kritiken muss man auch ihn in Schutz nehmen. Natürlich malt Domingo den Plot eher mit dem breiten Pinsel und in Öl und nicht als flotte Bleistiftskizze, aber er befindet sich mit seiner Gesamtzeit der Wiedergabe in guter Gesellschaft. Und dies kann sicher nicht für die Einstufung einer musikalischen Leistung herangezogen werden, noch dazu von HobbyschreiberInnen, die höchstwahrscheinlich noch nie eine Partitur in der Hand hielten oder wissen, was das ist. Der Gemaßregelte kann jedenfalls Partiturlesen, nur dass Domingo, sofern man Sichtmöglichkeit auf dessen Dirigat hat, es dem Beobachter für eine Beurteilung nicht leichter macht, das steht fest. Zu minimalistisch ist manchmal seine Zeichengebung, er vergräbt sich zu sehr in die Partitur, gestisch zeigt er zu wenig den Souverän und so überträgt sich das beinahe wie eine Unsicherheit auf sein Publikum.

Am gestrigen Abend konnte von der Hauptrollenträgern allein jene der Titelrolle voll überzeugen, Sae Kyung Rim verfügt über einen, vor allem in der Höhe aufblühenden Sopran, zu dramatischer Attacken fähig wenn auch mit leichter Neigung zu Vibrato und Schärfe. Ihre darstellerischen Fähigkeiten sind endenwollend, in der Schlußphase jedoch, angesichts des hingerichteten Malers reagiert sie auf dessen Tod mit überschwänglicher Hysterie, beinahe so wie man es auf einem Mitschnitt mit der Tebaldi aus der Met 1956 unter Mitropoulos hören kann. Da es keine Wiederholung der Sternenarie gab, war ihr rechtzeitiger Wiederauftritt auf der Engelsburg gesichert.

Aleksandrs Antonenko kann seiner Riesentrompete, einem wenig flexiblen Spintotenor, nur wenig liebevolle Töne für seine Freundin entlocken, vielleicht gerade einmal bei der Anbetung deren süßer Hände. Scarpia hingegen stellt er seinen Mann als dessen Gegenspieler mit einem strahlenden „La vita mi costasse“ und noch mehr bei seinem schallend sieghaften „Vittoria“ in der direkten Auseinandersetzung.

Nehmen wir zu seinem Vorteil an, dass Baron Scarpia, der Polizeichef – eben von der Überwachung der gerade stattfindenden Demonstration am kühlen Ring kommend – grippiös angeschlagen war. Denn unter normalen Bedingungen sollte sein Bariton so nicht klingen. So klein, so ständig zu tief singend entledigte sich Marco Vratogna seines Einsatzes.

Paolo Rumetz ist ein köstlicher Mesner, mehr besorgt um seine Angelus-Mahlzeit im Korb als um das Heil des neapolitanischen Königreiches, aufgegessen hat ihm diesmal alles der letzte Konsul der Römischen Republik, der abgehetzte und deutlich von der Flucht hungrige Ryan Speedo Green. Benedikt Kobel als Spoletta leidet mit entsprechend genervter Stimme unter seinem grantigen Vorgesetzten. Es ergänzten Hans Peter Kammerer als Spoletta und der bestechliche Alexandru Moisiuc als Aufseher in der Engelsburg.

Placido Domingo sorgte mit jener sichtbaren Umsichtigkeit für den geordneten Ablauf, wie eingangs beschrieben. Besondere Auffälligkeiten in jegliche Richtung, besonders unvorhergesehene Wackler waren diesmal nicht zu bemerken. Und wenn der Applaus für ihn noch immer imposant ist, sollte man dies nicht als kritiklos abwerten, sondern als ehrliche Bewunderung des Publikums für einen fleißigen und mit Herz der Sache dienenden Künstler werten.

Nein. Wir müssen unseren Innenminister nicht für ein Dirigat anfordern, wie es eine Kritik empfiehlt. Der hat seine eigenen Probleme.

 

Peter Skorepa
MERKEROnline

Bild: Michael Pöhn/Staatsoper

 

 

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