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WIEN/ Staatsoper: TANNHÄUSER

27.10.2014 | KRITIKEN, Oper

WIEN/ Staatsoper: „TANNHÄUSER“ am 26.10. 2014

 Die zweite Aufführung in dieser Serie erfuhr sicher eine Aufwertung durch die Übernahme des Tannhäusers durch Stephen Gould. Sein in der Höhe glänzender Tenor scheint keine Ermüdungen zu kennen, erst beim allerletzten Heilige Elisabeth, bitte für mich ist die Kraft für das Pianissimo etwas erlahmt. Da er mit einer erstaunlichen Wortdeutlichkeit singt, geraten ihm auch Phrasen und nicht nur Töne. Die Gestaltung einer Partie aus dem Text ist auch die Stärke von Christian Gerhaher, dessen Wolfram in jeder kleinsten Phrase überzeugte. Auch die vier übrigen Teilnehmer des Songcontests boten sehr gute Leistungen, wobei Norbert Ernst als Walther und Sorin Coliban als Biterolf naturgemäß den größeren Anteil hatten und Dan Paul Dumitrescu als Reinmar und John Kryshak als Heinrich ja wenig Möglichkeit haben, sich zu profilieren. Weit weniger erfreulich ist der derzeitige Zustand von Kwangchul Youn, der mit einem beträchtlichen Tremolo seine Ansprache an die nicht vorhandenen Gäste richten muss.

Müsste ich mich bei den Damen zwischen Venus und Elisabeth entscheiden, so würde ich es mit Papageno halten (Ich bleib ledig). Ingrid Theorin verteidigt ihren, hinter einem Plüschvorhang verborgenen Venusberg mit einer scharfen Stimme und grenzwertigem Vibrato, während es Camilla Nylund wenigstens in den Pianostellen und der Mittellage gelingt, das Vibrato in Grenzen zu halten. Annika Gerhards, die aus unerfindlichen Gründen wie eine Seiltänzerin quer über die Bühne zu wandern hat, singt die heikle a capella Stelle des Hirten mit schöner, klarer Stimme, so dass man geneigt ist, ihr die offensichtliche Lüge, dass der Mai gekommen wäre, abzunehmen.

Was aber aus dem Graben kommt, entschädigt für vieles. Am Pult steht nach den Rochaden rund um den Abgang des GMD mit Peter Schneider ein Dirigent, der mit seiner ruhigen, unaufgeregten, an Karl Böhm erinnernden Art, das Orchester zu einer Höchstleistung animiert, ohne dabei je den Kontakt zur Bühne zu verlieren oder die Sänger vor unlösbare Aufgaben zu stellen. Eher breit in den Tempi, schöpft er schon in der Ouverture die ganze Bandbreite der Dynamik aus. Auch der von Thomas Lang einstudierte Chor, der um den slowakischen philharmonischen Chor verstärkt ist, bietet eine perfekte Leistung, was umso leichter ist, da die Regie ihn stets in schöner Konzertaufstellung präsentiert und stets bemüht ist, ihn möglichst bald wieder von der Bühne zu verbannen. Apropos Regie: Wann wird endlich jemand Das doppelte Lottchen vertonen, um Claus Guth ein adäquates Werk für seine Figurenverdopplungen zur Verfügung zu stellen ?

 PS: Kuriosum am Rande: Die Umbesetzungen der Adina für Samstag und Tannhäuser am Sonntag wurden gleichzeitig kommuniziert, aber während es am Samstag die gedruckten Programme bereits die geänderte Besetzung enthielten, wurde am Sonntag auf den berühmten roten Zettel zurückgegriffen.

Wolfgang Habermann

 

 

 

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