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WIEN/ Staatsoper/ Staatsoper: RAYMONDA

Das wundersame Märchenpathos des zaristischen Balletts

10.03.2018 | Ballett/Performance

Bildergebnis für wiener staatsballett raymonda

 

9.3.2018 : „RAYMONDA“ – das wundersame Märchenpathos des zaristischen Balletts

Diese „Raymonda“ zählt schon zu einer wundersamen Spezies. Der Vorhang öffnet sich, die üppig dekorierte Szenerie führt mitten hinein in die legendäre Epoche des zaristischen Balletts – und alles wird in drei ausgedehnten Akten voll gefüllt mit dem verführerischen Bewegungszauber (kann aber auch belanglos wirken) bestens trainierter Ballerinen und ihren virtuosen Partnern. Rudolf Nurejew hat diesen mit Bildern überreich bestückten Ballettklassiker russischer Tradition folgend vor drei Jahrzehnten in der Wiener Staatsoper einstudiert. Auf seine geniale Art: Er vermochte immer wieder all die tänzerischen Finessen höchst phantasievoll der von märchenhaftem Pathos getragenen Musik genau anzupassen. Alexander Glasunows 1898 in St. Petersburg in der Choreographie von Marius Petipa uraufgeführtes Meisterwerk vermag aber auch mit seinen kraftvoll erzählenden Melodien und so manch pompös aufrauschendem Harmonienschwall dem Zuseher diese veredelnde romantische Ritterlegende eingängig zu vermitteln.

Im Repertoire des Wiener Staatsballetts ist „Raymonda“ ein fixer Platz gesichert. Die diesjährige Wiederaufnahme kann mit drei wechselnden Besetzungen aufwarten. Am ersten, vom Publikum sehr positiv aufgenommen Abend: Liudmila Konovalova führte in der Titelpartie mit ihrer auf glasklare Konturen ausgerichteten Perfektion das Ensemble an (diesem dürfen an einem so fordernden überlangen Abend kleine Ausrutscher erlaubt sein). Leonardo Basílio machte als Ritter Jean de Brienne, Raymondas Traumprinz, eine gute Figur, wird sich aber nach diesem seinem Rollendebüt demnächst bald sicherer fühlen. Rollendebüts glückten ebenfalls Nikisha Fogo und Scott McKenzie als Gefährten der Raymonda. Weiters elegant in deren Gefolge: Natascha Mair, Richard Szabó. Und Oxana Kiyanenko ist eine schon besonders elegante Fürstin in diesem Märchenschloss aus längst verschwundenen Zeiten irgendwo in der Provence. Da darf ein räuberischer, Raymonda heftig bedrängender Sarazene nicht fehlen: Mihail Sosnovschi ist der grimmige Abderachman, der im Zweikampf vom wahren Geliebten getötet wird. Und dann noch: Ganz, ganz großes Finale, das Hochzeitsfest, mit cortège hongrois und rassigem Galopp und Apothéose, alles ungarisch gefärbt. Dirigent Kevin Rhodes treibt die Tänzer und das nicht gar ganz so sattelfeste Orchester munter an, vermag aber am Einspielabend noch nicht Glasunows geschmackige musikalische Poesie voll auszukosten.

 

Meinhard Rüdenauer

 

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