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WIEN/ Staatsoper: SIMON BOCCANEGRA

28.05.2016 | Oper

WIENER STAATSOPER: SIMON BOCCANEGRA am 27.5.2016


Barbara Frittoli. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Die Geschichte des ersten Genueser Dogen konnte sich unter den Verdi-Opern nie den ihr zustehenden Platz sichern. Zwischen der Entstehung ersten Fassung und der heutzutage üblichen Zweitfassung mit dem Libretto von Arrigo Boito liegt nahezu der gleiche Zeitraum wie in der Handlung zwischen dem Prolog und dem 1.Akt. Dabei übergeht das Libretto geschickt, dass Simone die Hälfte dieser 24 Jahre als abgesetzter Doge im Exil verbrachte und erst danach wieder (diesmal als vierter Doge) zurückgeholt wurde. Interessanterweise sind zwar seine Regierungsdaten auf den Tag genau bekannt, aber über sein Geburtsdatum sind keine Angaben zu finden. Diesmal war der sibirische Bariton Dmitri Hvorstovsky in dieser Partie zu erleben. Im Prolog durch eine dunkle Perücke „verjüngt“ war er der von seinen Mitstreitern gegen seinen Willen zum Dogen gemachte Draufgänger, der viel zu sehr auf seine privaten Sorgen um die tote Geliebte und verschwundene Tochter fixiert ist, um diesen Aufstieg zu genießen. Sein langer Atem macht es möglich, die großen Phrasen (E vo cridando pace) in der Ratsszene breit ausschwingen zu lassen. Hervorragend auch das pp Figlia am Ende des Duettes mit Amelia. Auffällig vor allem in den Duetten mit Ferruccio Furlanetto als einen adeligen Gegenspieler die sorgfältige Textbehandlung, während der Bass seine Muttersprache oft dem Ausdruck opferte. Natürlich verfügt Furlanetto über jede Menge Erfahrung und eine profunde Tiefe, aber gegen Ende des Abends machten sich schon einige Ermüdungserscheinungen bemerkbar. Um bei den tiefen Stimmen zu bleiben: Adam Plachetka war ein sehr guter Paolo Albiani, der zunächst ein überzeugter Parteigänger des Simon war und dann aus gekränkter persönlicher Eitelkeit zum erbitterten Feind wird. Jedenfalls ließ Plachetka seinen nicht sehr geglückten Ausflug ins deutsche Fach vergessen. Sein Helfershelfer wurde von Sorin Coliban mit mächtigem Bass verkörpert.

Die uneheliche Tochter Maria / Amelia, war Barbara Frittoli. Bei ihrer ersten Arie wird sie ja durch die akustisch sehr ungünstige leere Bühne nicht gerade unterstützt, aber es gelang ihr, die Stimme weitestgehend kontrolliert zu führen und nur zwei Fortehöhen gerieten arg schrill. Ihr geliebter Gabriele war Francesco Meli, der sich in dieser Spintopartie hörbar wohl fühlt. Mit metallischem Timbre konnte er den dramatischen Stellen Genüge tun, aber bei den zarten Stellen war auch viel Pianokultur zu hören. Das kleine Solo des Hauptmannes war bei Carlos Osuna gut aufgehoben und Lydia Rathkolb durfte bei ihren vier Auftritten auch einmal eine Phrase singen.

Am Pult war Marco Armiliato ein souveräner Fürsprecher für diese oft unterschätzte Oper und bewies, dass er auch Noten lesen kann, denn diesmal dirigierte er aus der Partitur und nicht auswendig. Sehr stark der Chor (Thomas Lang) vor allem in der Ratsszene mit den letzten gezischten Sia maledetta.

 

PS: Ist es wirklich so schwierig, sein Handy vor Beginn der Vorstellung auszuschalten und muss man unbedingt einen Popsong als Klingelton wählen, der wirklich nicht in das Duett Simon – Amelia passt ? Ist so etwas nicht Erregung öffentlichen Ärgernisses ?

Wolfgang Habermann

 

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