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WIEN/ Staatsoper: SALOME – Erster Akt im Strauss-Jubiläumsjahr erfolgreich abgeschlossen

14.02.2014 | KRITIKEN, Oper

WIENER STAATSOPER – 13.02. 2014– SALOME

 Erster Akt im „Richard Strauss Jubiläumsjahr“ erfolgreich abgeschlossen.

 Das wunderbare Staatsopernorchester unter der Leitung des jungen „Shootings–Stars“ Andris Nelsons, der auch die Salome beim New York–Gastspiel im März dirigieren wird, zauberte wieder einmal den unvergleichlichen Wiener Strauss – Klang herbei. Irgend etwas steckt in diesem Orchester, das über die gefühlvolle und professionelle Interpretation hinausgeht – es lebt diese ausdrucksstarke Musik und löst damit beim Publikum Empfindungen aus, die weit über das „Musikhören“ hinausgehen. Der frenetische Applaus beweist, dass der Großteil der Menschen emotional durchgeschüttelt wurde. Von den zarten, einschmeichelnden Melodien bis zu den mächtigen orchestralen Eruptionen, die schon hart an die Schmerzgrenze gingen, konnte man alle Stimmungen, Situationen und Details – meisterhaft musiziert – erleben.

 In den Hauptpartien waren in dieser Serie einige Rollendebuts an der Wiener Staatsoper zu erleben. Das vielleicht erfreulichste war der Herodes von Herwig Pecoraro. Als Gesamtpaket ist er für uns der perfekte Tetrarch, stimmlich jederzeit präsent, schmeichelnd, herrisch und menschenverachtend, aber auch furchtsam und verunsichert – diese Facetten wurden gesanglich perfekt und schauspielerisch sehr gut dargestellt. Eine wunderbare Entwicklung vom Schusterbuben David zum orientalischen Herrscher – Gratulation.

 Seine Gemahlin Herodias wurde  – wie schon vor drei Jahren – von Iris Vermillion verlässlich gesungen. Ihr Mezzo verfügt über ein angenehmes Timre, die Höhen kommen unangestrengt, der Gesamteindruck wirkt aber eher unauffällig.

 In der Titelpartie war die junge deutsche Sopranistin Gun-Brit Barkmin nun auch in Wien zu hören – sie sang die Salome bereits beim Japan-Gastspiel und wird auch in New York dabei sein. Sie hat die ersten beiden Vorstellungen gut genutzt, um sich auf die Rolle und auf das Haus einzustellen und so können wir – nach der dritten Vorstellung – von einer sehr guten Prinzessin Salome berichten. Am beeindruckendsten waren die langgezogenen „Strauss-Bögen“ die mit schöner, klarer Stimme perfekt gelangen; die tiefen Töne waren – im Gegensatz zur ersten Vorstellung – mit gutem Timbre deutlich hörbar; die hochdramatischen Höhen gingen – rollengerecht – durch Mark und Bein. Der darstellerische Ausdruck bleibt etwas hinter dem gesanglichen zurück. Eine brodelnde Atmosphäre der Verführung entsteht nicht, obwohl beim Schleiertanz das Bemühen, die doppeldeutigen Absichten der Prinzessin zum Ausdruck zu bringen, spürbar sind. Sie tanzt, um Jochanaan zu verführen und Herodes hitzig zu halten – dieser Spagat wird sehr gut – mit den Mitteln einer Opernsängerin – ausgedrückt.

 Dass sie bei diesem Jochanaan keine Chance hat, wird durch die Gestaltung des selbstgerechten, eifernden Predigers von Falk Struckmann klar. Sein mächtiger Bassbariton erklingt schon aus der Zisterne kraftvoll und wortdeutlich wie schon lange nicht gehört. Die rauhe Stimmfärbung, die ihn bei seinen vielen Bösewicht – Rollen auszeichnet, verfehlt auch beim Jochanaan nicht seine Wirkung. Trotzdem gelingt ihm eine erstaunliche stimmliche Wärme, wenn er liebevoll den Erlöser beschreibt. In der dritten Vorstellung ist es ihm gelungen, diese Partie so ökonomisch zu gestalten, dass er sie ohne größere Probleme (nur ein kleiner „Wackler“ bei der „Sünde“) zu einem guten Ende brachte. Scheinbar liegt ihm der Jochanaan etwas zu hoch, es wäre aber nicht Falk Struckmann, wenn er sich nicht mit Leidenschaft, unbeirrbar dieser Aufgabe stellen würde. Dafür wird er in Wien hörbar geliebt und auch wir drückten bei jedem hohen Ton die Daumen.

 Carlos Osana sang gewohnt verlässlich den Narraboth; Ulrike Helzel lieferte bei ihrem Rollendebut als Page eine sehr angenehme Überraschung. Ihre Stimme ist dieser kurzen aber wichtigen und schweren Rolle jederzeit gewachsen. Die Tiefen sind deutlich und schön timbriert, die gesamte Rollengestaltung wirkt selbstbewußt und  technisch gut ausgeführt. Brava!

 Eine besondere Freude konnte man auch diesmal wieder an den Bediensteten und an den Gästen des Geburtstagsfestes des Herodes Antipas in der Feste Macherus in Peräa haben.

Die fünf Juden (Norbert Ernst, Michael Roider, James Kryshak, Thomas Ebenstein und Walter Fink) lieferten eine temperamentvolle – um nicht zu sagen hysterische – Szene, die durch die perfekte Unterstützung aus dem Orchestergraben zum Erlebnis wurde. Adam Plachetka war als Nazarener eine echte Luxusbesetzung und wurde von Marcus Pelz gut ergänzt. Gleiches gilt für Dan Paul Dumitrescu als Soldat mit seinem Kameraden Il Hong.

Johannes Giesser (Cappadocier) und Gerhard Reiterer als Sklave komplettierten diese Gruppe, die wie immer das besondere Niveau des Ensembles der Wiener Staatsoper dokumentiert.

 Gestern war jedenfalls einiges los in der Wiener Staatsoper. Vor Beginn gab es am Parterre-Stehplatz lautstarke Auseinandersetzungen wegen der Platzreservierung; man bekam als unbeteiligter Zuseher den Eindruck, dass die Gruppe der Juden bereits temperamentvoll ihren Streit probt. Nach der Vorstellung ertlud sich die, durch die aufwühlende Musik von Richard Strauss aufgeladene Stimmung in einem wahren Beifallsorkan. Es ist vielleich etwas überzogen, von einer Sternstunde zu sprechen, eine sehr gute Vorstellung bzw Serie haben wir aber auf jeden Fall erlebt. Lebendiges Musiktheater, das schon Lust macht auf den nächsten Akt im Richard Strauss – Jahr: die „Ariadne auf Naxos“ ab 15. April

 Maria und Johann Jahnas

 

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