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WIEN/ Staatsoper: SALOME

11.02.2014 | KRITIKEN, Oper

STAATSOPER WIEN – SALOME: Besuchte Aufführung 10. Februar 2014

 Man kann bezüglich der Notwendigkeit des Zelebrierens von Komponistenjubiläen durchaus geteilter Meinung sein, aber wenn als deren Ergebnis Aufführungen der Qualität dieser ersten Salome-Serie des Jahres 2014 entstehen, dann ist der Hinweis auf den 150. Geburtstag von Richard Strauss durchaus zulässig und willkommen. Natürlich gab es auch schon ähnlich gut gelungene und vielleicht auch bessere Aufführungen der uralten Barlog-Inszenierung aus dem Jahr 1972, aber der Jubelsturm in dieser Abo-Vorstellung nach 105 Minuten intensivem Musiktheater hob den Abend weit über den Durchschnitt. Wie Andris Nelsons es am Pult schaffte das Wiener Staatsopernorchester so ausgewogen durch die Partitur zu leiten, war eigentlich nicht erkennbar, das Ergebnis jedoch fulminant: Auch wenn es im Graben zu toben und krachen schien blieb die Lautstärke dennoch auf einem Level, der es allen (!) Sängern gestattete hörbar zu bleiben. Und ganz intensiv kostete der Dirigent auch den Wechsel zwischen piano und forte aus, vielleicht waren der eine oder andere Höhepunkt in der grandiosen Musik von Strauss zu pointiert herausgearbeitet und zu plakativ dargestellt, aber damit passte er sich dem generellen Motto der Vorstellung an: Ohne Rücksicht auf Verluste!

 Diese Worte galten natürlich in erster Linie für die Hauptdarstellern Gun-Brit Barkmin. Mit ganz profunder Technik führte sie ihren Sopran um bei den dramatischen Stellen dann vollständig auf Rettungsnetze zu verzichten und Mut zur Hässlichkeit des Tones zu zeigen. Konnte man anfangs noch ein zu starkes Tremolieren befürchten, so wurde man bald eines besseren belehrt. Das Timbre der Stimme Barkmins passt perfekt zu den erotischen Sehnsüchten der Herodias-Tochter! Und auch in darstellerischer Hinsicht gestaltete sie (zumindest anfangs) hervorragend. Sie konnte einem die Gefühlswelt dieser jungen Frau näherbringen, allerdings riss dieses Rollenbild mit dem Schleiertanz, der wie ein Fremdkörper wirkte. Ob es daran lag, dass Barkmins Choreografie zu brav und bieder war, oder ob es die dunkel gefärbten Schleier waren, die ich schon anders in Erinnerung hatte – hier ging der Erotikfaktor gegen Null und auch die Schlussszene könnte man glaubhafter und überzeugender rüberbringen, fast gelangweilt schien sie den Kopf Jochanaans zu betrachten. Dennoch eine tolle Vorstellung und ihr Engagement für das kommende Amerika-Gastspiel der Wiener Staatsoper ist durchaus ok, ein Wiederhören in der Staatsoper gibt es im Frühjahr als Sieglinde.

 Voll auf die Tube drückte auch Falk Struckmann als Jochanaan, dessen gewaltiges Organ eindringlich auf das Kommen des Herrn hinwies. Er hätte eigentlich ein wenig sparen können, aber Vollblutsänger- und –schauspieler wie Struckmann es ist, gab es für ihn keine Schonung und kein Taktieren. Was dazu führte, dass es in der Höhe dann zum Wegbrechen der Stimme kam. Ausgerechnet beim Wort „Sünde“ kippt sie und man konnte fast glauben, dass dies so gesungen gehört. Auch wenn in der Folge noch ein, zwei kleine Wackler folgten, seiner Gesamtleistung tat dies keinen Abbruch. Gespannt konnte man auf das Rollendebüt von Herwig Pecoraro als Herodes sein und ich muss sagen, es war eine durchaus positive Überraschung. Sein eher „kleiner“ Charaktertenor verfügt nunmehr über durchaus beträchtliches Volumen, gemeinsam mit einer tollen Diktion ergab das einen soliden Herodes, wenngleich die szenische Umsetzung noch ein wenig reifen muss. Aber das schafft der Staatsopernbetriebsart sicher mit links, man denke nur an seinen herrlichen Mime in Siegfried. Als Herodias sah man die in der Steiermark lebende Iris Vermillion: Rollendeckend, in den tiefen Lagen sehr überzeugend, in der Höhe war es, als ob sie mit einer anderen Stimmfärbung zu hören wäre, was etwas unausgewogen wirkte. Bleibt schließlich noch Carlos Osuna zu erwähnen, bei dem man es wirklich bedauerte, dass er den Selbstmord wählte. Seine gesangliche Leistung als Narraboth hätte ihm ein Überleben bis zum Finale gesichert.

 Erwähnt werden müssen natürlich das von Norbert Ernst angeführte Judenquintett (Michael Roider, James Kryshak, Thomas Ebenstein und Walter Fink), der Page von Ulrike Helzel, die Edelbesetzung des ersten Nazareners mit Adam Plachetka (unterstützt von Marcus Pelz) und die beiden Soldaten Dan Paul Dumitrescu (sein herrlicher Bass passt zu fast allen Rollen) und Il Hong (gehandicapt durch sein sprachliches Defizit). Mögen die weiteren Strauss-Opern 2014 am Wiener Haus in ähnlich grandioser Qualität zu hören sein.

Uneingeschränkten Jubel für alle Protagonisten und Begeisterung für das Strauss’sche Meisterwerk durch das Publikum!

Ernst Kopica

 

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