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WIEN/ Staatsoper: ROMÉO ET JULIETTE

22.06.2013 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

WIENER STAATSOPER: 21. 6. 2013 „ROMÉO ET JULIETTE“


Piotr Beczala und Sonya Yoncheva. Foto: Wiener Staatsoper/Pöhn

Die gegenwärtig gespielte Produktion zählt, trotz aller Einwände, zu den besten Inszenierungen der Direktion Holender. Die Bühne ist eigentlich nur eine Lichtarchitektur von Patrick Woodroffe. Die einstige Regie von Jürgen Flimm verlor sich im Lauf der Zeit weitgehend, es kommt jetzt mehr auf das Bühnentalent der Solisten an.

Placido Domingo ist ja nicht nur ein begnadeter, unermüdlicher Sänger, er ist auch Operndirektor und Dirigent. Er hat das Talent die Sänger zu führen und zu begleiten. Er leitet die Aufführung energisch zupackend und dramatisch. Für lyrisches Verweilen bleibt nicht allzu viel Zeit. Da er zu den beliebten Künstlern gehört, folgen ihm das Orchester und der Chor willig und sehr motiviert. Er ist selber Sänger und weiß auch um die Bedürfnisse der Solisten bestens Bescheid.

Da Nino Machaidze ein Kind erwartet, fand sich als Einspringerin die junge Haus-Debütantin Sonya Yoncheva. Sie stammt aus Bulgarien und war Gewinnerin des renommierten Operalia-Wettbewerbs, der ja mit Domingo eng verbunden ist. Er kümmert sich auch sehr um das Fortkommen der Gewinner. Die junge Sängerin steht offensichtlich am Beginn einer großen Karriere. Sie hat Bühnentalent und schaut auch gut aus. Sie besitzt eine auffallend schöne Stimme, ein reizendes, sympathisches Timbre, eine ausgezeichnete Technik (Intonation, Koloraturen, Höhensicherheit). Was sie noch lernen muss ist das Abschätzen, wie viel an Kraft ein Haus braucht. Bei der guten Akustik des Hauses hätte es viel weniger an Power bedurft. Aber es war ja ihr allererster Auftritt an der Staatsoper. Da sie völlig unbekannt war, wusste das Publikum nach ihrem ersten Solo „Ah! Je veux vivre“ noch nicht recht wie es reagieren sollte, aber bereits beim folgenden ersten Duett der bereits unsterblich Verliebten, löste sich der Bann und sie bekam immer mehr Bravos. Wenn sie in der Auswahl ihrer Rollen vernünftig bleibt und auf ihre Stimme achtet, ist es leicht, ihr eine große Welt-Karriere vorauszusagen.

Piotr Beczala zählt derzeit zu den weltbesten Tenören. Den Romeo singt er zum ersten Mal an der Staatsoper. Seine Stimme hat einen wunderschönen, edlen Klang, sie strahlt und blüht. Die Arie „Ah! léve-toi, soleil“ war ein großartiger Glanzpunkt des Abends. Die vier großen Duette mit Juliette sind ja weitere Höhepunkte. Die hohen Töne gelingen ihm mit größter Leichtigkeit und voller Schönheit. Es ist nicht erstaunlich, dass er an allen großen Häusern begehrt und beliebt ist.

Die restlichen Rollen sind wichtig, dennoch eher episodenhaft, denn die Liebesgeschichte steht im absoluten Zentrum. Aber die Qualität der Comprimarii ist der Gütesiegel eines Hauses. An der Staatsoper kann man damit zufrieden sein. Gabriel Bermúdez fiel mit der Ballade „Mab, la reine“ sehr angenehm auf. Juliette Mars war als Stéphano in Ordnung. Recht guten Eindruck machte Dimitrios Flemotomos als streitsüchtiger Tybalt. Ein würdiger Frére Laurent war Dan Paul Dumitrescu. Sehr unadelig und unherrscherlich sind der unscheinbare Auftritt und Abgang des Duc inszeniert. Alexandru Moisiuc absolvierte diese Rolle. Stimmlich sehr zusagend war Il Hong als ahnungsloser Vater Capulet.

Weitere Solisten waren Ulrike Helzel als Gertrude; Martin Müller als Benvolio; Mihail Dogotari als Paris und Marcus Pelz als Grégorio. Sie waren alle in Ordnung.

Die Aufführung war ein sehr großer Erfolg. Jubelstürme gab es für Sonya Yoncheva, Piotr Beczala und auch für Domingo. Ein einsamer Buh-Rufer versuchte seine Unzufriedenheit mit dem Letzteren kundzutun. Alle weiteren Mitwirkenden wurden in den Beifall eingeschlossen.

Martin Robert Botz

 

 

 

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