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WIEN/ Staatsoper: PARSIFAL – Schock und Erlösung

31.03.2013 | KRITIKEN, Oper

31.3.: „PARSIFAL“ – Schock und Erlösung

 

Ein ereignisreicher Opernabend an einem Ostersonntag, der wegen des stürmischen Schneefalls eher weihnachtlich anmutete. Das dominierende Thema des Abends war natürlich der Ausfall von Franz Welser-Möst nach dem ersten Akt. Er erlitt – aufgrund einer unglücklichen Bewegung  – einen schmerzhaften Hexenschuss, der einen Kreislaufkollaps ausloste.
Nach einem Check im AKH konnte er noch in der Nacht nach Hause entlassen werden (Quelle: ORF, Wiener Staatsoper). Wir wünschen ihm eine erfolgreiche Regeneration.

 Nach einer etwas verlängerten Pause wurde die bis dahin beeindruckende, weihevolle  Interpretation unter der Leitung des Solokorrepetitors James Pearson, der auch die Probearbeit betreute, hervorragend fortgesetzt und zu einem fulminanten Triumph geführt. Ein großer Teil des Erfolgs ist den sehens- und hörenswerten Bemühungen des
Staatsopernorchesters (allen voran Konzertmeister Rainer Honeck) zu danken. Mit hochkonzentrierter Professionalität wurde der Ruf als bestes Opernorchester der Welt eindrucksvoll bestätigt. Die überschwängliche Freude über das gelungene Werk war berührend und löste beim Schlussapplaus frenetischen Jubel aus.

 Das zweite Thema des Tages war der durch die Erkrankung von Jonas Kaufmann nötig gewordene Umbesetzung der Titelpartie. Nach dem sehr guten Christopher Ventris am
Gründonnerstag übernahm der uns bisher unbekannte Christian Elsner den Parsifal vom Ostersonntag. Aufgrund der Turbulenzen an diesem Abend muss seiner Leistung Respekt gezollt werden. Die schöne, klare, lyrische Stimme erklärt sein Engagement im Liedgesang; neugierig kann man auf seine dramatische  Seite in einer „normalen“, geplanten Vorstellung sein. Er wurde jedenfalls von Gurnemanz, von Kundry und von den einzigartigen Wiener Blumenmädchen (Ileana Tonca, Olga Bezsmertna, Margarita Gritskova, Anita Hartig, Caroline Wenborne und Zoryana Kushpler) hingebungsvoll durch die Inszenierung geführt.

 Doch nun endlich zur Normalität, was bei den gebotenen Leistungen leicht unfair klingen könnte. Kwangchul Youn – stimmgewaltig, stimmschön und wortdeutlich – entwickelte sich in den letzten Jahren gesanglich und darstellerisch zu einem Gurnemanz der Luxusklasse.

Darstellerisch ist Evelyn Herlitzius als Kundry absolut beeindruckend; ihre  Wandlungsfähigkeit liefert uns in jedem Aufzug eine andere, unter die Haut gehende Rollengestaltung. Der Gesang geht an die Grenzen der menschlichen Stimme – „Irre“ und „lachte“ ging durch Mark und Bein – und wir wollen deshalb nicht jeden Ton „neben der Partitur“ bereden. Bei den Freiheiten, die sich die Kult-Regisseure nehmen, sollte man auch bei so mancher persönlichen Gesangslinie (Netrebko, Cura – aber auch Callas) etwas gelassener sein.

Tomasz Konieczny sang und spielte einen sehr guten Amfortas; sein Gesangstil und seine Stimmfärbung polarisieren – für uns ist er als Alberich stimmiger.

Wie immer eine der beeindruckendsten Gestalten im Parsifal ist der Klingsor von Wolfgang Bankl. Sein großer, sicherer Bassbariton erlaubt eine stimmliche Charakterstudie der Extraklasse.

Das Personal der Burg Monsalvat war mit Stephanie Houtzeel, Ulrike Helzel, Wolfram Igor Derntl und Marian Talaba (Knappen) sowie Benedikt Kobel und Janusz Monarcha (Gralsritter) prominent besetzt und sorgte gemeinsam mit dem einzigartigen Staatsopernchor für den würdigen Rahmen einer überdurchschnittlich weihevollen Vorstellung.

Hier fällt es leicht, sich auf die großen Gefühle einzulassen, die nach mehrmaligem Genuss unweigerlich zur Wagner-Sucht führen. Dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen – dafür sorgt die Inszenierung, wobei man bei den aktuellen Regiekunstwerken für unsere Mielitz-Inszenierung fast noch dankbar sein muss – nach mehrmaligem Besuch weiß man schon, an welchen Stellen man sich besser zurücklehnen und die Augen schließen sollte.

 Maria und Johann Jahnas

 

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