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WIEN/ Staatsoper: NUREJEW-GALA

29.06.2014 | Ballett/Tanz, KRITIKEN

28.6.: „NUREJEW GALA 2014“

Schöne Reminiszenzen und ein gewaltiger Leistungsdruck

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Raymonda: Liudmila Konovalova. Foto: Wiener Staatsoper/ Pöhn

 Viel des Guten hat es an diesem überlangen Abend des Wiener Staatsballetts zu sehen gegeben. Reminiszenzen an die große Ära des zaristischen Balletts, Erinnerungen an Rudolf Nurejew wie auch ein kleiner Rückblick auf die Tanzavantgarde von gestern. Vier Stunden Ballettdemonstration auf hohem Niveau: Ohne Sitzfleisch ist es für dieses Potpourri mit vierzehn kurzen wie auch einigen ausgiebigeren Ausschnitten aus Meisterwerken früherer Tage nicht gegangen.

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Kirill Kourlaev. Foto: Wiener Staatsoper/ Pöhn

 Der Name von Rudolf Nurejew (1938 bis 1993), dem großen Tanzstar der 60er, 70er Jahre,  dient als Werbe-Aufputz für die alljährliche Abschlussgala des Wiener Staatsballetts, und die Programmierung zielt darauf hin, das Ensemble und einige Gäste in bestem Licht zu zeigen. Dies ist auch wiederum geglückt. Nicht zu übersehen ist dabei, dass die in Wien engagierten Tänzer, eine aus vielen Ländern kommende zusammengewürfelte Schar, einem von Ballettchef Manuel Legris geforderten immensen Leistungsdruck ausgesetzt sind.

 Somit war für heimische wie angereiste Ballettfans vorzügliches tänzerisches Können in ausgedehnten Ensembleszenen wie in anspruchsvollen Soli und Pas de deux durchaus genießerisch zu konsumieren. Locker gemischt:

Traditionsbouquets mit Auszügen aus den großen Ballettklassikern von Peter I. Tschaikowski („Schwanensee“) und Ludwig Minkus („Raymonda“, „Paquita“, „La Bayadère“) in den choreographischen Fassungen von Nurejew.

Romantische Poesie: Nurejews Version von „Der Geist der Rose“ mit Michail Sosnovschi und der träumenden Eszter Ledán oder August Bournonvilles „Blumenfest in Genzano“-Pas des deux.

Klavierballette auf Piecen von Frédéric Chopin: „Other Dances“, choreographiert von Jerome Robbins sowie John Neumeiers „Die Kameliendame“ mit den Gästen Isabelle Ciaravola und Friedemann Vogel.

Bravouröses aus jüngeren Tagen: Denys Cherevychko mit einem fulminanten Piazolla-Tango aus Hans van Manens „5 Tangos“; Chef Manuel Legris und Ketevan Papava brillierten in einem unterhaltsamen Exzerpt aus Roland Petits „Die Fledermaus“.

Modisches: Tanzstudien in kultivierter zeitgenössischer Manier von Jirí Bubenícek und Patrick de Bana.

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„Paquita“. Foto: Wiener Staatsoper/ Pöhn

 Liudmila Konovalova, Roman Lazik, Kirill Kourlaev, sie alle erste Solotänzer des Staatsballetts wie ihre weniger im Rampenlicht stehenden und trotzdem extrem geforderten Kollegen sind mit viel Beifall bedacht worden. Im Mittelpunkt des Interesses sind trotzdem die Gastsolisten Anna Tsygankova (Hat Nationale Ballet Amsterdam) und Matthew Golding (Royal Ballet London) gestanden, die mit extrem ausgefeilter Technik, mit elegant und glasklar ausgeführten Posen, Gesten, Schritten, Touren in jeder Hinsicht gefallen konnten. Somit ist von einer bravourösen, bloß für einen einzigen Abend arrangierten  Leistungsschau zu berichten. Die vom Orchester unter Valery Ovsianikov – und schon wieder ein debütierender neuer Dirigent am Pult – musikalisch sehr ordentlich untermalt wurde.

Meinhard Rüdenauer

 

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