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WIEN/ Staatsoper: NABUCCO

08.05.2014 | KRITIKEN, Oper

WIENER STAATSOPER am 7.5. 2014– „NABUCCO“

 Vor ziemlich genau 47 Jahren debutierte ein junger, damals als Mexikaner geltender Tenor als Don Carlos. Der Merker attestierte eine schöne Stimme und empfahl, den jungen Mann als Haustenor aufzubauen, da es zu einer Weltkarriere wohl nicht reichen würde. Das mit dem Haustenor klappte leider nicht, aber die Karriere entwickelte sich wider Erwarten doch recht ansehnlich und nachdem er sich in fast 50 Jahren durch nahezu alle Tenorpartien gesungen hat, wechselte er in das Baritonfach und begann zunächst mit einer Handvoll Verdi-Rollen, Wenn er beim Aufarbeiten des Baritonrepertoires den gleichen Eifer hinlegt wie im Tenorfach, so sind die nächsten 40 Jahren gesichert, Aber was macht er dann ?

Egal, wenn Placido Domingo auf dem Besetzungszettel steht, so ist ein volles Haus garantiert und seine Fans sind in Jubelstimmung. Sicher ist es bewundernswert, dass er in einem Alter, in dem andere ihre Pension genießen, sich immer noch neuen Herausforderungen stellt und die sind an diesem Abend vor allem im Graben zu hören, wo Jesus Lopez-Cobos das Orchester zu hoher Lautstärke anheizt. Aber auch das Töchterchen Abigaille in Gestalt von Anna Smirnova nimmt wenig Rücksicht auf ihren alten Vater und dominiert ihn im Duett gewaltig. Kinder können so undankbar sein. Dabei lässt sie in ihren Soli durchaus auch fein gesponnene Lyrismen hören. Auch der Zaccaria von Dmitry Belosselskiy setzt mehr auf Lautstärke als auf Gesangslinie. Das Volumen seiner Stimme ist durchaus beachtlich, auch wenn die Tiefe nicht mehr sehr imposant klingt. Als hätte Verdi geahnt, dass dereinst Marian Talaba den Ismaele singen würde, hat er die Partie nicht gerade sehr attraktiv geschrieben. Dieser Sänger hat sich mit der Annahme des Engagements an einem Haus, das kaum Partien seines Faches im Repertoire hat, sicher keinen guten Dienst erwiesen. Über Il Hong als Oberpriester ist schwer zu urteilen, da er kaum vernehmbar war, während Benedikt Kobel dem „ersten“ Tenor durchaus ebenbürtig sang. Zoryana Kushpler kann in dieser Inszenierung nicht mit einem raffinierten Kostüm den Eindruck aufbessern, aber wenigstens Caroline Wenborne steuert in der Minipartie der Anna einige schöne Höhen bei.

Diese Aufführung war als Premiere einer technischen Neuerung in der Übertragung ausersehen. Hoffentlich heißt die Abkürzung UHD nicht unnötig hohes Datenvolumen. Ob allerdings die Krämerspiegel in einem gestochen scharfen Bild besser wirken als in natura wage ich zu bezweifeln.

Warum diese Inszenierung überlebt und der Rigoletto einer neuen Produktion weichen muss gehört zu den Geheimnissen der Direktion. Die „modernen“ Inszenierungen mit ihren Koffern und Kinderwagen scheinen viel rascher zu altern als konventionelle Produktionen.

Wolfgang Habermann

 

 

 

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