WIENER STAATSOPER: 9.9. 2015: „LA TRAVIATA“
Irina Lungu. Foto: Agentur
Ein sehr geglückter Abend, mit einem wirklich wunderbaren Hausdebüt von Irina Lungu als Violetta. Die Dame mit dem rumänischen Namen ist aus Russland, wo sie auch studierte und viele Meisterklassen internationaler Sänger besuchte, diverse Wettbewerbe gewann und Riccardo Muti begeistern konnte, der sie dann an das Scalastudio aufnahm. Sie ist ja bereits sehr international unterwegs, speziell mit der Violetta. Heute konnte sie zeigen, warum. Von der ersten Sekunde an konnte sie nicht nur mit Stimmschönheit, sondern auch mit Wärme in dieser Rolle voll überzeugen. Die Stimme ist sehr lyrisch, aber mit viel Durchschlagskraft und großer Flexibilität. Sie singt die Violetta nicht im Stil des reinen Koloratursoprans, sondern viel mehr in Richtung wie Hilde Güden (unvergesslich), mit der großen Italianita, die sie absolut hat. Sie ist auf dem besten Wege in die Richtung einer Mirella Freni, die mit dem großen französischen Fach genauso begeisterte wie mit dem italienischen Belcanto oder dem Mozart-Fach.
Erstmals hörten wir in Wien auch als Pavol Breslik als Alfredo. Am Anfang des Abends wurde die Stimme noch sehr schmal geführt, doch nach dem „Brindisi“ war die Sicherheit voll da und speziell im dritten Bild wuchs er mit stimmlichen „drive“ über sich hinaus.
Sein eleganter, aalglatter Vater Giorgio Germont wurde von Carlos Alvarez hinreißend gut angelegt. Mitten im Piano der Arie eine kurze Schrecksekunde, aber dann lief wieder alles im feinsten Verdi-Belcanto weiter. Ein großer Höhepunkt war das Duett mit Violetta.
Die weiteren wichtigen Rollen waren mit Clemens Unterreiner/Baron Douphol und Dan Paul Dumitrescu/Dr. Grenvile nahezu luxuriös besetzt, Zoryana Kushpler ist aus dem Babyurlaub zurück und tanzte die Flora, wenig Freude machte Jason Bridges als Gaston, man sah mehr als man hörte. Aura Twarowska war eine besorgte Annina, die am Schluss nicht umfallen musste. Der Rest sei pauschal gelobt.
Nach langer Abstinenz wieder in Wien, Michael Schonwandt stand routiniert dem musikalischen Geschehen vor. Er musizierte stilvoll und sehr sängerorientiert, auch machte er sofort die Pausen, wenn es um Zwischenapplaus ging. Heute eine Seltenheit, die Freude macht.
Der gut studierte Chor unter Thomas Lang agierte wieder treffsicher in allen Auftritten, tanzte brav und „soff“ sich tapfer durch die Inszenierung, wie auch Alfredo und Violetta.
Elena Habermann