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WIEN/ Staatsoper: „FALSTAFF“ ZUM SAISONAUSKLANG

01.07.2018 | Oper

Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Wiener Staatsoper

VERDI’S „FALSTAFF“ ZUM SAISON-AUSKLANG (30.6.2018)

Altersweisheit – gibt die wirklich? Wer sich mitunter diese Frage stellt, der soll möglichst rasch in Giuseppe Verdi‘ „Falstaff“ gehen, dessen Uraufführung in seinem 80.Lebensjahr – im Februar 1893 – an der Mailänder Scala auf Anhieb zum Triumph wurde. So viel Humor und Selbstkritik -jeder foppt jeden und lacht über sich – findet sich in keiner anderen Oper.

Und zum Saisonausklang bot die Wiener Staatsoper eine hochkarätige Serie des Giuseppe Verdi/William Shakespeare/Arrigo Boito-Stoffes, die wirklich „erstklassig“ zu beurteilen ist. Wobei die musikalische Qualität vor allem vom Dirigenten – dem Amerikaner James Conlon – ausging, der seit mehr als 4 Jahrzehnten zu den Stützen der MET ebenso gehört wie von Covent Garden in London oder der Mailänder Scala. Nun mit dem Weltklasse-Orchester der Wiener Staatsoper (und ebenso mit dem Chor der Wiener Staatsoper-Leitung Martin Schebesta) und einem sehr homogenen Ensemble bewies er, dass er auf halben Weg zwischen dem Typus „Kapellmeister“ und „Showstar“ steht. Und das kommt dem letzten Werk von Verdi wirklich sehr entgegen, das mit der berühmten Fuge „Tutto nel mondo e burla“ endet. Starallüren werden immer nur kurz zugelassen und erweisen sich als Persiflage.

Dennoch steht und fällt jeder „Falstaff“ mit dem Interpreten des Titelhelden: mit Ambrogio Maestri ist wohl der heute beste Vertreter des abgetakelten Lebemannes in einer handfesten historisierenden Inszenierung von David McVicar (Ausstattung Charles Edwards) angesetzt. Dem italienischen Bariton ist der in die Jahre gekommene „Edelmann“ auf den Leib geschrieben. Er wechselt ab zwischen Belcanto-Ziselierung und vokaler Mächtigkeit („L’onore“), er ist urkomisch wenn er sich an den schlanken Jüngling am Hofe zurückerinnert, der seinen sozialen Standard nur mit Tricks an der Grenze zur Kriminalität erhalten kann. Alles in allem: Ambrogio Maestri ist ein idealer Falstaff und mit perfekten Partner versehen. Wunderbar Christopher Maltman – einst als Don Giovanni international entdeckt : der Brite hat einen dramatischen, noblen Bariton, spielt souverän (warum muss sein Fach durch Gäste abgedeckt werden?) und er fände im Haus am Ring viele Aufgaben.

Immerhin wird der Rest vom Hausensemble gestellt. Olga Bezsmertna ist eine musikalische wie optische hinreißende Alice: man weiß nie ob ihr Flirten nicht auch einen „echten Kern“ aufweist. Monika Bohinec ist eine köstliche Mrs. Quickley-die „Drahtzieherin“ hat viel Tiefe („referenza“) und ein eher britisch-schrullige Art und Weise. Wunderbar des „junge Paar“: Hila Fahima ist wahrlich elfenhaft und mit engelhaftem Gesang als Nannetta ausgestattet. Der junge Chinese Jinxu Xiahou als Fenton wird immer besser – wer hat sonst noch einen solchen weichen Tonansatz? Margaret Plummer ist eine sympathische, solide Meg; Benedikt Kobel ist ein intensiver Dr.Cajus, das verkommene Bediensteten-Duo Bardolfo und Pistola ist mit Herwig Pecoraro und Ryan Speedo Green ungewohnt „dramatisch“ besetzt.

Jedenfalls verdichtet sich der Eindruck: in der Ära von Dominique Meyer sind die Repertoire-Vorstellungen oft besser als die Premieren!

Peter Dusek

 

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