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WIEN/ Staatsoper: EUGEN ONEGIN – ein Ereignis, wie man es nur selten erlebt –

13.04.2013 | KRITIKEN, Oper

Staatsoper Wien: EUGEN ONEGIN am 12. 4. 2013

Die erste Aufführung dieser Serie wurde zu einem Ereignis, wie man es auch an der Staatsoper nur selten erlebt. Das ansprechend und vorzügliche besetzte Werk wurde unter der sensiblen, aufmerksamen und liebevolle Leitung des jungen und sehr begabten Dirigenten Andris Nelsons zu einem wunderbaren Erlebnis. Mit den bestens aufgestellten und motivierten Philharmonikern betonte Nelsons besonders die elegischen Aspekte der Komposition. Der elegische Ton liegt ja bereits in der Komposition Tschaikowskis. Auf dieser Basis konnten die Sänger ihre Stimmen so richtig zur Geltung bringen. Die Leistung des Chores/Leitung Thomas Lang entsprach bestens.

Ein Ereignis für sich und das größte Interesse weckte natürlich Anna Netrebko als Tatjana. Hier kann sie in ihrer Muttersprache und mit „russischer Seele“ singen. Übrigens hörte der Rezensent sie einst zum ersten Mal als Ludmilla und dann als Zarenbraut, also in gleichfalls russischen Opern, die bei uns leider nur selten, wenn überhaupt, gespielt werden. Hier kann sie in der seit ihrer Kindheit gewohnten Sprachmelodie singen. Zuerst ist sie das verliebte junge Mädchen, dann macht sie erlebbar, wie sich durch die Liebe ihres Mannes zu einer reifen Frau wandelt. Sie kann das mit ihrem Gesang ausdrücken. Sie ist die Ausnahme-Sängerin unserer Tage. In der Briefszene ist sie wie in einem süßen Traum, der durch Onegin völlig zerstört wird. Als Fürstin spürt sie zwar die Wehmut ihrer jugendlichen Liebe, aber auch die Verantwortung ihrer jetzigen Stellung. Sie macht das alles miterlebbar im Spiel und im Singen.

Für die Titelrolle war Dmitri Hvorostovski, Besitzer einer der schönsten Baritonstimmen, aufgeboten. Überzeugend spielt er den versnobten Adeligen, der zu spät erkennt, dass er die Liebe seines Lebens einst von sich wies. Auch er kann die seelische Situation deutlich ausdrücken, weil auch der Ausdruck der stimmlichen Umsetzung dies deutlich macht. Den unglücklichen Lenski singt Dmitry Korchak. In der verunglückten Cenerentola wurde er nicht nur verunstaltet, sondern insgesamt leider unter seinem Wert behandelt. Er kommt ja von Rossini her, ist eine Entdeckung von Pesaro und wird auch heuer dort auftreten. Er hat keine große Stimme, aber durch die elegische Deutung des Dirigenten und vor allem durch dessen aufmerksame Begleitung war er in der wehmütigen Arie vor dem Duell einfach großartig und bekam Ovationen dafür.

In die lange Reihe von ausgezeichneten russischen Bässen reiht sich Konstantin Gorny würdig ein. Sein Volumen ist nicht riesig und braucht es als Fürst Gremin auch gar nicht sein. Es ist dies eigentlich eine „Traumrolle“, mit einer ins Ohr gehenden Arie ist der Erfolg fast garantiert.

Das „Rundherum“ war ebenfalls recht gut zusammengestellt, mit Zoryana Kushpler als langsam verblühender Larina; Alisa Kolosova als munterer Olga, Aura Twarowska als besorgter Amme Filipjewna. Dazu noch die Herren Mihail Dogotari als Hauptmann und Saretzki, sowie Norbert Ernst als kauziger Triquet.

Zum Ausklang gab es regelrechte Ovationen im gänzlich gefüllten Haus, dazu Bravo-Stürme für die Netrebko, aber auch für Hvorostovski und Korchak, auch für Gorny. Ja, auch der Dirigent Nerlsons wurde sehr deutlich gewürdigt.

Wenn es Ihnen zeitlich möglich ist, versuchen Sie in eine der drei weiteren Vorstellungen hineinzukommen. Es ist ein Erlebnis, wie man es nur selten findet. Übrigens, ich kaufte mir die Stehplatzkarte selber (mit Hilfe von Herrn Cupak, da ich auswärts wohne. Er hat eine Stehplatzberechtigunskarte. Aber man muss sich dennoch anstellen, um einen Platz zu finden). Also nochmals die Empfehlung, gehen Sie in eine Vorstellung!

Martin Robert BOTZ

 

 

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