- Online Merker - https://onlinemerker.com -

WIEN/ Staatsoper: EUGEN ONEGIN – dritte Vorstellung

WIENER STAATSOPER: EUGEN ONEGIN  am 18.04.2013 

Sie kam, sang und siegte. Anna Netrebko,  Wirbelwind und Stimmungskanone auf allen großen Bühnen der Welt, war als Tatjana in Tschaikowskis „Eugen Onegin“ zu erleben. Zuerst tat sie sich ein wenig schwer, das unschuldige Landmädel zu spielen, erst in der Briefszene, und vor allem im Duett mit Onegin im letzten Akt lief sie zu großer Form auf. Da waren alle Vorzüge ihrer Stimme zu hören, die kräftige Mittellage, die sichere Höhe und das wunderbare Timbre – diese Rolle kann man kaum besser singen. Dmitri Hvorostovsky sang die Titelpartie mit der gewohnten Souveränität, die diesen Künstler auszeichnet. Anfangs eher verhalten, fand er ab der Duellszene zu der kraftvollen und bestechenden Bühnenpräsenz, die für eine optimale Gestaltung dieser Partie notwendig ist. Dmitry Korchak war als Lenski sehr präsent, seine metallische, typisch „russische“ Stimme war allen Anforderungen dieser Rolle gerecht. Auch Konstantin Gorny war als Fürst Gremin eine Entdeckung, der hierorts kaum bekannte Bassist konnte mit der großen Arie im letzten Akt seine unverbrauchte, lyrische Stimme, der es auch nicht an profunder Tiefe fehlte, sehr gut gefallen. Norbert Ernst reüssierte als Triquet, und auch die kleineren Rollen waren gut besetzt (Alisa Kolosova als Olga, Zoryana Kushpler und Aura Twarowska als Kinderfrau). 

Am Pult stand mit Andris Nelsons ein sehr versierter Dirigent, der es verstand, das Orchester so sparsam wie möglich, aber so effizient wie nötig einzusetzen. Die Klangschönheit der wuchtigen Musik war bestechend. Kaum ein weiteres Wort sollte man über die triste Bühnenlandschaft verlieren (ich tue es dennoch), bei dermaßen erdrückendem Grau darf bezweifelt werden, dass die russische Gesellschaft auch nur einen Funken Lebensfreude und Spaß an Festen der opulenten Art hat. Was soll’s, ein Star vom Kaliber Anna Netrebkos übertüncht auch das. Das Publikum war begeistert von einem eindrucksvollen Opernabend der Spitzenklasse.