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WIEN/ Staatsoper: EUGEN ONEGIN

Pjotr Iljitsch Tschaikowksy

EUGEN ONEGIN

Wiener Staatsoper am 13. Mai 2017

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Pavol Breslik (Lenski). Copyright: Wiener Staatsoper

Abseits des ganzen Tosca-Rummels um Starauftritte und -absagen und die Frage ob ‚Da Capo‘ oder nicht ‚Da Capo‘ gab es an der Staatsoper im etwa gleichen Zeitraum eine Serie von Eugen-Onegin-Vorstellungen, die ganz auf diesen Hype verzichten konnte und bei der das Werk an sich im Mittelpunkt stehen durfte.

Die Inszenierung von Falk Richter ist hinlänglich bekannt. Er lässt Tschaikowsky’s Meisterwerk in einer um Tajana erkalteten Welt spielen. Es schneit nahezu unentwegt – ein wirklich schöner visueller Effekt -, Tatjana’s Bett ist ein quaderförmiger Eisblock und ihr Nachthemd im zweiten Bild ist immer noch gletscherblau.

Eugen Onegin wurde in dieser Serie von Christopher Maltman interpretiert, der mit seinem kräftigen, sonoren und gleichzeitig etwas kühl klingendem Bariton eine ideale Stimme für den dandyhaften Titelhelden hat. Wieso sind eigentlich so oft britische Sänger so hervorragende Onegin-Interpreten? Angefangen von Sir Thomas Allen über zuletzt Simon Keenlyside und jetzt eben auch Maltman.

Olga Bezsmertna ist eine stimmlich jugendliche Tatjana, die auch ganz in ihrem Spiel das verlegene, unsichere junge Mädchen sehr glaubhaft darstellt. Ihre Stimme ist in der Mittellage als auch in der Höhe recht attraktiv, auch die (dramatischen) Spitzentöne gelingen ihr gut. Die an sich sehr lyrische Stimme kann im mitreißenden Schlussduett dann aber auch mit den notwendigen dramatischen Ausbrüchen aufwarten.

Der Sänger des Abends ist dann aber eindeutig Pavol Breslik als Lenski. Breslik verfügt über jenes herrliche slawische Timbre, das so ideal zum schwärmerischen Dichter passt, das in jeder Phrase so klangvoll ist, und dass die Arie Kuda, Kuda zum Highlight der Vorstellung macht. Schon zuvor ist sein großer Gefühlsausbruch am Ball im Hause von Larina ein Höhepunkt in welchem Breslik als Sängerdarsteller die Szene geradezu dominiert.

Dass der sensible Lenski natürlich so gar nicht zu Tatjana’s Schwester passt wird sogar noch deutlicher wenn man sich Margarita Gritskova als Olga näher ansieht. Lebenslustig soll sie ja sein, die Olga. Doch Gritskova spielt sie reichlich überdreht. Weniger wäre hier mehr.

Eine wunderschöne, herrliche Bassstimme begegnet einem dann beim Fürsten Gremin in Gestalt und Stimme von Mika Kares. Der finnische Sänger beeindruckt mit einer tragfähigen Stimme und seiner profunden Tiefe.

Thomas Ebenstein ist ein amüsanter Triquet, der auf dem Fest zu Tatjana’s Ehren als Karl-Lagerfeld-Double sein Ständchen singen darf oder muss, Rosie Aldridgeist eine fürsorgliche Larina und Janina Baechle eine hervorragend mütterliche Filipjewna. 

Patrick Lange ist ein Dirigent der den Sängern ein vorzüglicher Begleiter ist und gleichzeitig den Melodien Tschaikowsky’s den nötigen Raum gibt.

Ein erstklassiger Repertoire-Abend, der so manchen anderen gehypten Vorstellungen der letzten Tage still und leise den Rang ablaufen konnte.

Lukas Link