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WIEN/ Staatsoper: ELEKTRA . Premiere

29.03.2015 | Oper

„Elektra“ von Richard Strauss – Wiener Staatsoper 29. März 2015 – Premiere

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Falk Struckmann. Foto: Wiener Staatsoper/ Pöhn

Das Drama „Elektra“ wurde schon ca. 400 Jahre vor Christus von Sophokles geschrieben. 1909 wurde der Stoff von Richard Strauss vertont (Text: Hugo von Hofmannsthal) und an der Semperoper Dresden als Oper uraufgeführt.

 1989 wurde das Werk von Harry Kupfer an der Wiener Staatsoper inszeniert. Bei der Premiere wurden der damalige Generalmusikdirektor Claudio Abbado und Kupfer ausgebuht. Doch in 26 Jahren kann eine Liebe zu einer Inszenierung groß werden. Das zeigte sich nach der Premiere der Neuinszenierung am Sonntag. Das Wiener Publikum war ganz in seinem Element: dem Protest!

 Man durfte auf das Rollendebüt von Nina Stemme als Elektra gespannt sein und es ist weitgehend geglückt. Sie ist eine sehr lyrische Elektra, doch ihr gelangen auch die dramatischen Stellen durchaus gut. Punktuell unsaubere Töne seien bei dieser doch musikalisch sehr überzeugenden Interpretin verziehen. Die zweite Rollendebütantin war Anna Larsson als Klytämnestra. Auch ihr gelang ihr Debüt hervorragend. Durch eine sehr interessante Höhe und ein dramatisches Timbre überzeugte sie schon von Anfang an. Auch ihr Kostüm war sehr schön (ein bisschen wie Frankenstein). Nachdem Anne Schwanewilms zwei Tage zuvor wegen einer Bronchitis absagen musste, konnte man sich glücklich schätzen, eine so erfahrene Chrysothemis wie Ricarda Merbeth zu gewinnen. Sie bestach vor allem durch eine glänzende Höhe. Falk Struckman als Orest gehörte mit starkem, kernigen Bass-Bariton ebenso zur Haben-Seite dieser Aufführung, wie Norbert Ernst als Aegisth. Das restliche Ensemle war ebenfalls sehr überzeugend und gut besetzt.

 Der Finne Mikko Franck, der bereits letztes Jahr beim „Lohengrin“ als Dirigent einsprang, führte die Wiener Philharmoniker großartig. Wunderschöner Klang bei den Bläsern, auch bei den Streichern und dem ganzen Orchester. Er entdeckte viele unbekannte Details und zeigte eine völlig neue „Elektra“. Lediglich die Lautstärke geriet punktuell zu laut.

 Für die gelungene Inszenierung zeichnet Uwe Eric Laufenberg verantwortlich. Die Bühne von Rolf Glittenberg zeigt einen Kohle-Keller, sowie Duschen und einen Paternosteraufzug. Letzterer machte besonders guten Eindruck und Stimmung. Die Kostüme (Marianne Glittenberg) sind teils großartig (Klytämnestra mit Frankensteinperrücke, Chrysothemis im weißen Kleid mit Haarreifen), teils aber auch nicht sehr gut gelungen (Elektra in Anzug). Bevor die Musik beginnt, öffnet sich der Vorhang und man bekommt nackte Damen zu sehen, die später von den Mägden mit Wasserschläuchen bespritzt werden. Doch Laufenberg gelingen neben ein paar nicht schlimmen Unsinnigkeiten auch tolle und sehr zur Musik passende Momente. Zum Beispiel der Schluss: Elektra führt ein ganzes Ballett bei einem Totentanz an. Oder während Aegisth im Paternoster umgebracht wird, kommt die tote Klytämnestra heruntergefahren. Alles in Allem eine sehr durchdachte  Inszenierung.

 Das Publikum reagierte teilweise völlig übertrieben. Bevor noch der letzte Ton verklungen war, ertönten etliche Buhrufe. Das ganze Ensemble, allen voran Nina Stemme, wurde stürmisch gefeiert. Für Anna Larsson gab es neben großem Jubel auch ein paar unverdiente Buhrufe. Mikko Franck musste neben großem Applaus auch heftige Buhrufe über sich ergehen lassen. Das Regieteam wurde erbarmungslos ausgebuht. Es war ein Buh-Orkan von solcher Intensität, wie man ihn auch in Wien selten hört. Die Bravos hatten keine Chance (Es lag aber teilweise wohl auch daran, dass die geliebte Kupfer-Regie abgesetzt worden war). Insgesamt dauerte der Applaus gute 20 Minuten.

 Fazit: Diese Produktion ist eine würdige Nachfolge der alten Kupfer-Regie. 

 Sebastian Kranner

 

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