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WIEN/ Staatsoper: ELEKTRA

20.10.2018 | Oper


Anna Gabler (Chrysothemis). Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

WIEN / Staatsoper: „ELEKTRA“ am 19.10.2018

Zähneknirschend haben wir uns inzwischen an die Inszenierung von Uwe Eric Laufenberg, aus dem Kohlenkeller mit Paternoster-Lift, gewöhnt – zumindest verfälscht sie die Geschichte nicht und dafür muss man heute ja schon dankbar sein.

Absolut dominierend war an diesem Abend das Orchester der Wiener Staatsoper unter der Stabführung von Michael Boder, der die motivierten Philharmoniker ungehindert im Klangrausch schwelgen ließ – oft ohne Rücksicht auf unsere Trommelfelle. Der Ausflug von Richard Strauss ins Atonale wurde jedoch eindrucksvoll interpretiert und überzeugend, in der gesamten Vielfalt bis zu den finalen „Agamemnon-Akkorden“ ausgearbeitet.

Mit Interesse und einer gewissen Skepsis sahen wir dem Wiener Rollendebut von Lise Lindstrom entgegen. Bisher haben wir sie als gute Salome und als nicht überzeugende Turandot erlebt und waren auf ihre Interpretation der Elektra gespannt. Zu Beginn kam es zu den Registerbrüchen und zu den bekannten Problemen in der tiefen Lage, die uns auch die chinesische Prinzessin verleidet haben. Die gute Mittellage und die beeindruckenden, dramatischen Höhen standen auf der Habenseite. Das Erstaunliche geschah allerdings nach dem Auftritt von Rene Pape als Luxus – Orest. Der internationale Superstar bewies eindrucksvoll, wie gehaltvoll und berührend diese Rolle sein kann, wenn man dieses Stimmmaterial zur Verfügung hat. Sein ausdrucksstarker, wunderschön tönender Bass drückte alle Emotionen aus und verzauberte scheinbar auch seine Schwester – die Erkennungsszene wurde zum emotionalen Höhepunkt der Vorstellung mit einer, bis zum Finale souveränen Elektra. Verdientermaßen wurden die beiden beim Schlussapplaus am heftigsten akklamiert – einzelne Buh-Rufe vom Galerie-Stehplatz waren ungerecht, ungehörig und respektlos!

Anna Gabler singt in dieser Serie erstmals die Chrysothemis in Wien, beeindruckte mit einer leidenschaftlichen Klage gegen ihre Lebensbedingungen und dem Wunsch nach einem „Weiberschicksal“. Nach der Arabella, der Capriccio–Gräfin und der Agathe im Freischütz zeigte sie auch in dieser anspruchsvollen Partie – mit schöner, technisch guter Stimme – hochdramatische Fähigkeiten und einen lyrischen Ausdruck.

Klytämnestra, die unglückliche Mutter der unreflektiert rachsüchtigen Kinder wurde wieder von Waltraud Meier mit nicht mehr ganz frischer, aber umso ausdrucksvollerer Stimme und mit ergreifendem Spiel dargestellt. Ihr Gefährte und Komplize Aegisth wurde von Jörg Schneider mit klarem, wortdeutlichem Tenor gesungen und mit naivem Hochmut dargestellt. Ein Ersatz für Herbert Lippert, der des Einspringerbonusses nicht bedarf.

Wolfgang Bankl war wieder ein bedrohlicher, stimmgewaltiger Pfleger des Orest und überzeugte genauso, wie die Ensemblemitglieder in den kleinen Rollen: Simina Ivan als Vertraute, Ulrike Helzel als Schleppenträgerin, Donna Ellen als Aufseherin, Benedikt Kobel und Marcus Pelz als Diener, Monika Bohinec, Szilvia Vörös, Margaret Plummer, Lydia Rathkolb und Ildiko Raimondi als Mägde präsentierten diszipliniert alle vom Regisseur ersonnenen Geistesblitze.

Eine Richard Strauss Vorstellung in Wien ist und bleibt ein Erlebnis.

Maria und Johann Jahnas

 

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