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WIEN/ Staatsoper: DON CARLO – letzte Vorstellung der Premierenserie

30.06.2012 | KRITIKEN, Oper

WIENER STAATSOPER: Giuseppe Verdi: DON CARLO – 29. Juni 2012

Es heißt, dass die letzte Aufführung einer Serie meist die Beste ist. Das hat sich im Falle des neuen Don Carlo wieder einmal bewahrheitet. Seit der Premiere konnte man eine beachtliche Steigerung in der musikalischen Umsetzung bzw. auch in manchen gesanglichen Leistungen beobachten.

Die Inszenierung von Daniele Abbado, mit dem Bühnenbild von Angelo Linzalata, kommt sehr gut beim Publikum an. Doch der eigentliche Star dieser Inszenierung ist das fantastische Lichtkonzept, welches Alessandro Carletti erdacht hat.

Wenn der König den Marquis Posa vor dem Großinquisitor warnt, öffnet sich zeitgleich eine Tür, die nicht nur als Abgang für den Monarchen dient, sondern dabei auch einen Lichtstrahl in den Bühnenraum dringen läßt, der Rodrigo in blutrotgefärbtes Licht taucht und dessen tragisches Schicksal bereits vorwegnimmt. In der Gartenszene wird mit Hilfe des Lichtes, das von der Hinterwand ausgeht, ein Geäst auf dem Bühnenboden reflektiert, und so der Garten dargestellt.

Wenn der Großinquisitor nach seiner Unterredung mit dem König diesen verläßt, wird die dunkle Bühne langsam wieder hell. Als ob selbst das Licht diesen furchteinflößenden alten Mann meidet.

Es ist erstaunlich wie Krassimira Stoyanova nach nur fünf Vorstellungen die Partie der Elisabetta zu ihrer eigenen machen konnte. Man könnte meinen sie hätte schon jahrelange Erfahrung mit der Rolle, die sie ohne Probleme bewältigte. Sie bestach erneut mit hervorragender Gesangskultur, und einer Sopranstimme, die herrlich lyrische Bögen als auch dramatische Ausbrüche unglaublich klangschön gestalten konnte. Die große, schwierige Arie im letzten Akt war eine Demonstration ihrer perfekten Technik und Gesangskunst, für die die Sängerin starken Szenenapplaus bekam. Stoyanova hat mit dieser Leistung erneut unter Beweis gestellt, welch ein Weltklasse-Sopran sie ist. Luciana D’Intino war eine sehr engagierte Eboli, die mit ihrem in der Tiefe satten Mezzosopran für dramatische Akzente sorgte aber auch wuchtige Höhen hören ließ. Nicht nur mit einem sicheren O don fatale stellte sie unter Beweis, dass sie eine der führenden Ebolis ist.

Bei den Herren gebührt Simon Keenlyside die Krone des Abends. Der Bariton konnte alleine schon mit farblichen Abstufungen in der Stimme den Charakter des Rodrigo formen und war nicht nur stimmlich sondern auch darstellerisch von enormer Präsenz. Seine Arie sang er umwerfend schön, kultiviert und mit viel Ausdruck, was ihm großen Szenenapplaus und Bravos bescherte.

Und welch anderer Sänger kann heute die Sterbeszene so eindringlich und berührend singen und auch darstellen wie Simon Keenlyside? Als dieser Rodrigo sein Leben aushaucht kämpft man beinahe mit den Tränen.

Während Keenlyside von der ersten Aufführung an auf höchstem Niveau agierte, konnte René Pape als Phillip nicht von Anbeginn der Serie überzeugen. Nein, er ist immer noch kein idealer König, aber eine deutliche Steigerung war zu erkennen. Er sang nicht nur noch im Dauerforte und bemühte sich jetzt mehr um Differenzierung, auch wenn die zarten Töne nicht die Stärke des Bassisten sind.

Seit der Premiere hat sich auch Ramon Vargas in der Titelrolle steigern können. Er sang nun mit mehr Sicherheit, die Stimme voller, und etwas heroischer im Ausdruck. Doch phasenweise war zu hören, dass er doch an seine Grenzen geriet. Seine Höhenschwierigkeiten hat er gut in den Griff bekommen, auch wenn an diesem Abend wieder die eine oder andere Höhe schwer erkämpft war.

Auch der Großinquisitor von Eric Halfvarson hat etwas an Bassfülle und vor allem deutlich an Ausdruck gewonnen. Valentina Nafornita verfügte über den berückend schönen und schwebenden Sopranklang, der sie als Stimme vom Himmel geradezu prädestiniert.

Dan Paul Dumitrescu als mysteriös klingender Mönch, Carlos Osuna als Herold bzw. Conte di Lerma und Ileana Tonca als Tebaldo komplettierten das Ensemble.

Franz Welser-Möst ließ das Orchester zwar gerne mal auch etwas laut aufspielen, und setzte auch auf schnellere Tempi. Doch wo Breite gefragt war, ließ er diese auch hören und kostete die herrlichen Melodien Verdi’s auch aus.

Am Ende gab es sehr viel Jubel und zwei Solovorhänge für die Hauptprotagonisten. Wie schon in der Premiere wurden Stoyanova und Keenlyside am heftigsten bejubelt, gefolgt von Pape, D’Intino und Vargas. Mit diesem Don Carlo hat die Direktion der Wiener Staatsoper einen Riesenerfolg eingefahren, was zum größten Teil natürlich an der hervorragenden Sängerriege gelegen hat.

Und diese letzte Aufführung geriet wirklich zu einer musikalischen Sternstunde. Eine Fortsetzung findet das Ganze im Herbst, wenn mit Ausnahme des Interpreten der Titelfigur alle Sänger in ihre Rollen zurückkehren werden.

Lukas Link

 

 

 

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