Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN/ Staatsoper: DIE WALKÜRE – die erwartete Sternstunde fand nicht statt

17.06.2013 | KRITIKEN, Oper

Wiener Staatsoper: DIE WALKÜRE am 16.6. 2013 – Die erwartete Sternstunde findet nicht statt!

 Wenn Peter Schneider bei der Walküre am Pult der Wiener Staatsoper steht und ein hervorragendes Sangerensemble aufgeboten ist, darf man einen besonderen Opernabend erwarten. Dass sich die Begeisterung aber dann in Grenzen hielt, lag in erster Linie am sonst so verlässlichen Staatsopernorchester. Zwar gelang dem erfahrenen Kapellmeister eine perfekte Sängerbegleitung und er hatte bei den dramatischen Momenten immer ausreichend „Luft nach oben“ für eindrucksvolle Steigerungen; was allerdings manchmal aus dem Graben kam, war nicht der gewohnte Wiener Wagner-Klang. Die Geigen glänzten nicht wie üblich, die Holzbläser ließen die Brillanz vermissen und auch sonst ging es manchmal ungeordnet zu. Wir hoffen, dass bis zur nächsten Einzel – Walküre diese Unebenheiten überwunden werden – dass die versäumte Sternstunde nachgeholt wird.

 Der absolute Höhepunkt des Abends war der Siegmund von Johan Botha. Die Schönheit, die Sicherheit und die schier unbegrenzte Wandlungsfähigkeit seiner Stimme ermöglicht eine sensible, ausdrucksstarke Gestaltung der gesamten Gefühlspalette. Die Wälse – Rufe sind eindrucksvoll, werden aber nicht zur tenoralen Zirkusnummer missbraucht, die Winterstürme gelingen perfekt und die Weigerung, ohne Sieglinde nach Walhall zu gehen, kann man nicht liebevoller gestalten. Dass Johan Botha vom Wiener Publikum geliebt wird, merkte man, als er beim Vorhang nach dem ersten Akt ausrutschte und der Länge nach hinfiel. Das Erschrecken von über zweitausend Menschen war deutlich spürbar; die Erleichterung, als er offensichtlich unverletzt aufstand entlud sich in einem frenetischen Applaus.

 Anja Kampe, gab – als Einspringerin für die erkrankte Martina Serafin – ihr Rollendebut an der Wiener Staatsoper als Sieglinde und konnte nahtlos an ihre Erfolge als Senta anknüpfen. In den lyrischen Passagen hat sie es neben Johan Botha nicht leicht, kann aber mehr als achtsam bestehen. Die beeindruckendste Wirkung erzielt sie aber in den dramatischen Momenten mit dem absoluten Höhepunkt – O hehres Wunder! – hier zeichet sich schon deutlich eine Götterdämmerungs-Brünnhilde im „Stemme-Format“ ab.

 Ain Anger als Hunding ergänzt die sensationellen Sängerleistungen im ersten Akt. Es ist schön, mitzuverfolgen, wie sich seine Stimme und damit auch sein Selbstvertrauen steigert. Vor einigen Jahren spürte man noch sein Bemühen, die Stimme größer erscheinen zu lassen – heute weiss er offensichtlich genau, dass sein mächtiger Bass wohlklingend und auch bedrohlich bis zum hintersten Platz dringt. Die unfreundliche, polternde Rollengestaltung macht aus diesem Fiesling eine echte, lebendige Figur.

 Mihoko Fujimura gestaltet mit gepflegter Gesangstechnik eine elegante Fricka – wir haben zwar schon wildere, hysterischere Göttergattinnen erlebt, was aber kein Wertungskriterium sein soll.

 Am schwersten hatte es an diesem Abend sicherlich Katarina Dalayman als Brünnhilde. Nach der fulminanten Nina Stemme vor wenigen Wochen lag die Latte extrem hoch. Die schwedische „Hofsängerin“ ließ uns sehr konzentrierte „Hojotoho“ – Rufe hören, die exakt den Eindruck vom Zischen des Schwertes durch die Luft vermittelten und brachte in der Folge eine sehr ansprechende Leistung. Ihre Stimme klingt in der Mittellage und im Mezzo-Bereich warm und schön, beim Forcieren in der Höhe neigt sie allerdings zur Schärfe und zu starkem Vibrato – deshalb war sie auch in der Szene im dritten Akt mit den Schwestern am Wenigsten überzeugend. Neugierig kann man auf ihre Isolde am 30. Juni – diesmal unmittelbar nach Nina Stemme – sein.

 Zwiespältig erlebten wir den Wotan von Tomasz Konieczny. Die Szene mit Fricka und der folgende Sprechgesang waren – auch dank der guten schauspielerischen Leistung – sehr eindrucksvoll; mit Fortdauer des Abends wurde die kehlige Stimmfärbung – die so hervorragend zum Alberich passt – immer deutlicher und (uns) störend. Wir wünschten uns einen väterlicheren Wotan, der den hochemotionalen Abschied von Brünnhilde berührender gestaltet.

 Immer wieder erstaunt sind wir von der Qualität der Walküren – und das in voller „Action“. Donna Ellen, Caroline Wenborne, Alexandra Reinprecht, Stephanie Houtzeel, Ulrike Helzel, Zsuzsanna Szabo, Aura Twarowska und Juliette Mars waren diesmal für das Einfangen der Helden zuständig.

 Schön wäre, wenn bis zum nächsten Sonntag die Schwächen der gestrigen Vorstellung ausgemerzt werden könnten – die Voraussetzungen für eine Sternstunde sind ja vorhanden.

 Maria und Johann Jahnas

 

 

Diese Seite drucken