Tomasz Konieczny. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn
WIEN / Staatsoper: DIE WALKÜRE am 22.04.2018
Als „Zugabe“ zum kompletten Ring gab es noch eine Einzel-Walküre, die uns eine Sternstunde bescherte. Alle Beteiligten agierten mit Leidenschaft und Können und befruchteten sich gegenseitig in einer wunderbaren Tagesverfassung.
Herausragende Erscheinung des Abends war Tomasz Konieczny als Wotan. Seine oft störende, gaumige Stimmfärbung war kaum vorhanden und die Vorzüge seiner mächtigen Stimme kamen eindrucksvoll zur Geltung. Die sichere Stimmführung, der eidringliche Sprechgesang, der liebevolle Abschied im gehauchten Pianissiomo waren die Merkmale dieser großartigen Interpretation. Die furchterregend machtvolle Warnung „Wer meines Speeres Spitze fürchtet, durchschreite das Feuer nie!“ krönte eine großartige Rollengestaltung – gesanglich und darstellerisch – und leitete einen fulminanten Feuerzauber ein.
Irene Theorin, der die Walküren-Brünnhilde am besten in der Kehle liegt, überzeugte wieder mit souveränen „Hojotoho-Rufen“ und mit einem soliden Gesamteindruck, ohne störende Schärfen in den dramatischen Höhen. Fricka, die andere Frau, die dem Göttervater Sorgen bereitet, wurde von Michaela Schuster dominant, sicher und schön gesungen und eindrucksvoll dargestellt. Eine courargierte Frau, die unter den Eskapaden ihres umtriebigen Gatten leidet, ihn aber trotz der erlittenen Demütigungen immer noch liebt. Das hindert sie aber nicht daran, Wotan zu zwingen, die Ermordung seines eigenen Sohnes zuzulassen.
Auch das Wälsungenpaar stand den Göttern in nichts nach und gestaltete den ersten Akt zu einem Fest der schönen Stimmen. Christopher Ventris gehört in seiner derzeitigen Form zur absoluten Spitzenklasse unter den Wagner-Tenören. Seine wunderschön timbrierte, sichere Stimme erklingt besonders in den lyrischen Passagen mit ergreifendem Ausdruck. Die „Winterstürme“ und die „Todesverkündigung“ wurden so zu emotionalen Höhepunkten der Vorstellung. Für die Wälse-Rufe war genügend heldentenorale Kraft vorhanden, um die Verzweiflung auszudrücken, ohne aus der Szene eine Zirkusnummer zu machen.
Der klare, nicht sehr große Sopran von Simone Schneider fügte sich harmonisch in die zärtliche, liebevolle Szene mit ihrem Zwillingsbruder ein. Das „hehrste Wunder“ im dritten Akt gelang diesmal wesentlich eindrucksvoller als vor zwei Wochen im Gesamtring – der furchtbar lange Bogen wurde nur mehr von einem „Schnaufer“ unterbrochen. Mit einer Luft schaffen diese exponierte Stelle eben nur die ganz großen.
Jongmin Park war wieder ein mächtiger Hunding, der mit nobler, fast zu schöner Stimme, den herrischen Macho verkörpert. Ein Opernhaus, das solche Bässe im Ensemble hat, kann sich glücklich schätzen.
Das Kompliment an das Ensemble gilt auch für die Qualität der Walküren, die großteils mit bewährten Hauptrolleninterpretinnen besetzt waren. Donna Ellen, Caroline Wenborne, Anna Gabler Stephanie Houtzeel, Ulrike Heltzel, Zszsanna Szabo, Bongiwe Nakani und Miriam Albano vollführten einen temperamentvollen Walkürenritt und beeindruckten sowohl in den Soli als auch als Gruppe.
Das Glanzstück der Aufführung war aber – trotz aller hervorragender, gesanglicher Leistungen – das großartig disponierte Orchester der Wiener Staatsoper unter der gefühlvollen und kompetenten musikalischen Leitung des Kapellmeisters Adam Fischer. Viele selten gehörte Details wurden liebevoll ausgeformt, die Sänger wurden rücksichtsvoll geführt und die Stärken dieses Orchesters – wie zB die überirdisch klingenden Geigen – entfalteten sich zu selten gehörter Schönheit und erzeugten im Finale den emotionalen Ausnahmezustand, der nur von besonderen Könnern erzielt wird. Wahrlich eine Sternstunde!
Der frenetische Beifall des aufgewühlten Publikums für alle Künstler – besonders aber für Tomasz Konieczny – war angemessen und verdient.
Maria und Johann Jahnas