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WIEN/ Staatsoper: ARIADNE AUF NAXOS – diesmal als ungeschliffener Diamant

13.03.2016 | Oper

Wien – Staatsoper: „ARIADNE AUF NAXOS“ VON RICHARD STRAUSS UND HUGO VON HOFMANNSTHAL: DIESMAL ALS UNGESCHLIFFENER DIAMANT(12.März 2016)


Peter Jelosits, Wolfgang Bankl, Hila Fahima, Manuel Walser und Joseph Dennis. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Opernkenner haben es schon lange gewusst: mit der Einführung der Mini-Serien wird die erste Vorstellung meist zur „Glückslotterie“, ab der 2. Vorstellung geht’s zumeist bergauf.- Fehlende Proben werden durch „Learning by Doing“- Vorstellungen ersetzt, Schwachpunkte der Besetzung werden ausgetauscht, die Nervosität der Künstler lässt nach. So auch bei den aktuellen „Ariadne auf Naxos“-Reprisen im Windschatten der „Drei Schwestern“.

Die vorletzte  „Ariadne auf Naxos“ unter der Leitung des jungen wie vielversprechenden „Chef“ des ORF-Radiosymphonie-Orchesters Cornelius Meister erreichte am Pult des Orchesters der Wiener Staatsoper ein respektables Niveau – dieses Juwel von Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss erwies sich vor der Pause – beim „Vorspiel“ – bereits  festspielwürdig und in der Oper zumindest wie ein ungeschliffener Diamant. Der aus Hannover stammende 35jährige  Meister arbeitete im 1. Teil  besonders die Dialektik zwischen kammermusikalischer „Delikatesse“ und großer Oper in relativ kleiner Orchesterbesetzung heraus. Eine großartige Besetzung half ihm dabei. Peter Matic als scharfzüngiger Haushofmeister ebenso wie der wunderbare Komponist von Sophie Koch. Die französische Mezzosopranistin erinnert in dieser Rolle  frapant an Christa Ludwig. Ihre Verzweiflung über die Buffo-Konkurrenz ist ebenso glaubwürdig wie ihre Verliebtheit in Zerbinetta (großartig Hila Fahima). Die Apotheose der Musik – „als heiligster der Künste“- wird so zum Höhepunkt eines „Vorspiels“, in dem alle Rollen exzellent besetzt sind. Jochen Schmeckenbecher ist etwa ein wundervoller  Belcanto-Musikmeister, Alfred Sramek ein köstlicher Lakei. Norbert Ernst ist ein wunderbarer Tanzmeister mit Heinz-Zednik-Niveau. Die Primadonna Gun Brit Barkmin und der Tenor Herbert Lippert haben auch schon vor der Pause die Lacher auf ihrer Seite.

Dazu kommt, dass die Inszenierung von Sven Eric Bechtold (Ausstattung Rolf und Marianne Glittenberg) zum besten gehört, was der Burg-Star in Wien und Salzburg geboten hat. Allein die Aufwertung des Komponisten im 2. Teil überzeugt. Da begleitet Sophie Koch Zerbinetta in ihrer großen Arie am Klavier , der Tanzmeister gibt den Einsatz für eine 2 Personen-Tänzer-Einlage, Ariadne empört sich über die Extrem-Länge der großen Arie („Großmächtige Prinzessin“)  und am Ende sinken sich nicht Ariadne und Bacchus in die Arme sondern der Komponist und Zerbinetta. Allerdings stießen in diesem 2.Teil die meisten Sänger an ihre stimmlichen Grenzen: mit Ausnahme der jungen und besonders hübschen Hila Fahima, die eine ideale Gegenspielerin zu Ariadne war. Mit der jungen Israelin hat die Wiener Staatsoper nach Edita Gruberova und Daniela Fally wieder eine hochkarätige Zerbinetta: sehr lyrisch, sehr erotisch, mit einer glockenklaren Höhe, die Koloraturen perlen wie frischer Champagner. Nach der Fiakermilli ein zweiter großer Erfolg für das „Opera light“-Ensemble-Mitglied im Haus am Ring. Nicht ganz so euphorisch lässt sich über Gun-Brit Barkmin berichten, die für die Bulgarin Krassimira Stoyanova geholt wurde. Die junge Sopranistin singt bereits Salome, Sieglinde und Chrysothemis und hat mit der Tessitura der Ariadne hörbare Schwierigkeiten. Im ersten Monolog fehlt ihr die Tiefe und die Mozart-artige Kantilene, das Piano-B und die nötige Mittellage („In den schönen Feierkleidern“). Im zweiten Monolog „Es gibt ein Reich“ holt sie dann auf – das strahlende „Hermes“, die bewältigte Schluss-Steigerung und in einigen Phrasen im großen Schluss-Duett klingt ihre Stimme wie ein ungeschliffener Diamant, der noch  auf die richtige Ausformung wartet. Erstaunlich der Bacchus des Österreichers Herbert Lippert (anstelle des desaströsen Gerhard A. Siegel). Er wandelt  in dieser Rolle nicht im Schatten von Johan Botha – seine „Vorgänger“ heißen Waldemar Kmentt oder Rudolf  Schock. Jedenfalls ein für mich eine erfreuliche Repertoire-Ausweitung. Die Höhen sitzen, der Vortrag ist Hofmannsthal-würdig. Die Bilanz stimmt.

Zu loben sind auch das Damen-Trio von Najade-Dryade und Echo: Andrea Caroll, Rachel Frenkel und Caroline Wenborn liefern die heiklen Terzette mit viel Stimm-Einsatz und geschmackvoll. Barocke Üppigkeit in jeder Hinsicht. Wenig Profil entwickeln die Mitglieder der Comedia dell’arte. Vor allem der Harlekin von Manuel Walser verfügt über zu geringe vokale Substanz, das gilt auch für Joseph Dennis als Brighella. Immerhin erweisen sich Wolfgang Bankl (Truffaldin) und Peter Jelosits (Scaramuccio) als bewährte Routiniers. Der 2. Teil  der „Ariadne“ als Zukunfts-Versprechen. Immerhin!

Peter Dusek

 

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