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WIEN/ St. Johannes Nepomik Kapelle: WINTERREISE

WIEN / St. Johannes Nepomuk Kapelle:  WINTERREISE am 18.01.2014

Johanneskapelle
Die Kapelle. Foto: Website St. Johannes Nepomuk-Kapelle

 Wenn man keine Lust auf  einen fragwürdigen Don Giovanni in des Staatsoper, auf einen schwachen Verdi (I due Foscari) – wenn auch mit einem starken Placido Domingo – im Theater an der Wien und auf Musical (Kiss me Kate) in der Volksoper hat, ist man in der heimeligen Otto Wagner Kapelle am Währinger Gürtel bei einer Winterreise von Franz Schubert genau richtig.

 Die St. Johannes Nepomuk Kapelle ist ein Kleinod, das es in unserer ökonomisch geprägten, übertechnisierten Zeit eigentlich gar nicht geben dürfte. Einerseits vom mächtigen Bauwerk der Stadtbahn (heute U6) und vom nahen Monsterbau des AKH fast erdrückt, andererseits von der vierspurigen „Rennbahn“ des Währinger Gürtels beeinträchtigt, vermittelt sie eine sanfte Revolte gegen die hektische Betriebsamkeit ihres Umfeldes. Die Ende des 19. Jahrhunderts im sezessionistischen Stil errichtete Kapelle ist das erste sakrale Bauwerk von Otto Wagner in Wien und diente ihm als Studie und Vorlage für seine zehn Jahre später geschaffene, berühmte Jugendstilkirche St. Leopold Am Steinhof. Dass dieses bauliche Juwel trotz bewegter Vergangenheit in gutem Zustand bewahrt und mit Leben erfüllt wird, ist dem rührigen Erhaltungsverein zu danken, der unter kräftiger Mithilfe von Künstlern der nahen Volksoper ein ambitioniertes Musikprogramm anbietet.

 Als erster Höhepunkt des heurigen Veranstaltungskalenders gestaltete Hubertus Reim – ein Bariton im Dienste der Volksoper Wien – am Klavier begleitet von Eva-Maria David – die „WINTERREISE“ von Franz Schubert nach Gedichten von Wilhelm Müller. Dieser wohl bekannteste Liederzyklus der Romantik wurde schon in allen Stimmlagen – von Sopran bis Bass – gesungen und musste schon die vielfältigsten Deutungen über sich ergehen lassen, deren Besprechung aber diesen Rahmen sprengen würde. Die musikalische Umsetzung dieses riesigen Werkes wurde von Hubertus Reim akribisch vorbereitet und mit Leidenschaft und in beeindruckender Qualität präsentiert. Die solide Ausbildung  am Konservatorium der Stadt Wien bei KS Waldemar Kmentt und KS Gert Nienstedt trägt Früchte und beschert uns eine detailliert ausgearbeitete, in allen Gemütsregungen authentische Ausdrucksweise. Die zarten Töne bleiben auch in für Baritone extremen Höhen gefühlvoll gesungen; die tiefen Sequenzen klingen dynamisch und die Mittellage strömt schön und technisch perfekt geführt.

Dass dieser gesangliche Ausdruck über eine Stunde ohne die kleinste Ermüdungserscheinung durchgehalten wurde, gebietet besondere Anerkennung. Dass der Vortrag ohne schwülstige Manierismen und ohne selbstdarstellerischen Verzierungen ausgekommen ist, zeigt die Ernsthaftigkeit, mit der Hubertus Reim dieses riesige Projekt umgesetzt hat – Respekt!

Einen besonderen Reiz bot zudem die Örtlichkeit des kleinen Kirchenraumes, der die Stimmung unterstützte, die im großen Konzertsaal kaum zu erreichen ist.

Ein schönes Erlebnis.

 Maria und Johann Jahnas

 

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