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WIEN / Scala: CYMBELINE

08.10.2013 | Theater

cymbeline Plakat xxx

WIEN / Scala:
CYMBELINE von William Shakespeare
Premiere: 26. September 2013,
besucht wurde die Vorstellung vom 8. Oktober 2013

Es ist so banal wie wahr: Vergessene Juwelen sind selten. Wenn sich ein Werk in der Nachwelt auf den Theater- und Opernbühnen nicht durchsetzt, gibt es meist gute Gründe dafür. Shakespeares „Cymbeline“, eines seiner Spätwerke, als Märchen bezeichnet oder als Romanze, ist eine wahrlich schwer verdauliche Geschichte. Ein Konglomerat von Motiven, die teilweise so simpel und abgeschmackt sind, dass man sie nicht einmal dem „Schwan von Stratford on Avon“ verzeiht, dass man sich die Geschichte von Verblendung, Prüfung, Missverständnis, vermeintlichen Toden, allgemeiner Erkenntnis in ihrer Banalität lieber gar nicht vorsetzen lassen will.

Bruno Max, immer wieder auf den nicht ausgetretenen Pfaden, hat „Cymbeline“ nun in der Scala mit doch großteils sehr gutem Erfolg versucht. Wo er im Stück ein „schönes Chaos“ vorfindet, setzt er es auf der Bühne als solches um – und begründet es mit einem der ältesten dramaturgischen Theatertricks: „’s ist ein Traum, kann nicht wirklich sein.“ Der arme Leonatus Posthumus hat alles nur geträumt, und dann regelt sich auch jede Ungereimtheit von selbst. Da dürfen Römer dann Mafia-Gangster sein und Shakespeares Narren Hillibillies. Nur die Umsetzung von König Cymbelines britischem Königreich der Frühzeit in eine Textilfabrik überzeugt nicht wirklich – sein Hofstaat sitzt hinter Nähmaschinen. Das erinnert glatt an die Ventilatoren, die heuer in Bayreuth im „Fliegenden Holländer“ hergestellt worden sind – da schwebt der mögliche Zusammenhang irgendwo im Blödsinnsland.

Aber sonst – da wird also die dumme Geschichte teilweise ganz gescheit gespielt. Der verblendete König Cymbeline, der in seinem Kabüffchen sitzt und aus dem Uralt-Plattenspieler mit Trichter englische Unterhaltungsmusik hört, sieht zwar in der Gestalt von Karl Maria Kinsky aus wie Big Daddy persönlich und bringt für die Rolle nicht viel mit, aber er ist in dieser Version von Bruno Max (viel hat der Regisseur an der Übersetzung von Dorothea Tieck nicht geändert oder sie auf seine Inszenierung zugeschnitten) ohnedies ganz in den Hintergrund gedrängt.

Dafür steht seine Tochter Imogen, eines der unglaubwürdigen Traumgeschöpfe Shakespeares, in Gestalt von Selina Ströbele ganz im Mittelpunkt und ist so überzeugend, dass man über ihre wahrlich nicht ganz saubere Sprache hinweghört. Als ihr Liebster, der all die Schrecken des Abends nur träumen muss, ist Hendrik Winkler (ein Deutscher, derzeit in St. Pölten engagiert und offenbar von dort geliehen) ein echter Gewinn.

Bruno Max hat ein funktionierendes Ensemble, das sich von Stück zu Stück bewährt – Christina Saginth in gleich zwei Rollen, als ganz böse Königin und als ganz brav-lustige Mama von zwei entführten Königssöhnen, die die Dodel des Stücks und die Heiterkeit der Aufführung sind: Bernie Feit und Leopold Selinger (auch begabt klimpernd und singend) spielen zwar auch noch anderes, aber in diesen Rollen sind sie besonders köstlich. Hans Steunzer hat als aufrechter Diener noch eine große Rolle, Randolf Destaller ist der Intrigant, wie er im Büchl steht, und alle anderen spielen alles andere, aber das ist nicht der Rede wert.

Der von Marcus Ganser ausgestattete Raum ist bescheiden, die Kostüme von Alexandra Fitzinger auch, aber das macht nichts: Die Schauspieler bringen’s. So viel vitales Theater spielt über manch wacklige Vorlage hinweg. Der Beifall in der gut besuchten Repertoirevorstellung klang höchst angetan.

Renate Wagner

Noch am 09.-12., 15.-19 Oktober 2013, jeweils um 19:45 Uhr

 

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