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WIEN / NEW YORK/ Die Met im Kino: WERTHER als Seelenkrimi. So aufregend kann Oper sein!

16.03.2014 | KRITIKEN, Oper

Wien/ Cineplxx-Kino: SO AUFREGEND KANN OPER SEIN: WERTHER  ALS SEELENKRIMI AN DER MET MIT JONAS KAUFMANN UND SOPHIE KOCH (15.3.2014)

Eine optimale Besetzung mit  Jonas Kaufmann und  Sophie Koch, ein engagierter  Dirigent  namens Alain Altinoglu, der Jules Massenet in die Nähe des  Tristan stellt und eine spätromantisch-realistische Inszenierung von Richard Eyre und Rob Howell, die mit Filmelementen und  Naturstimmungen arbeitet – das sind die Voraussetzungen für diese neue  Jules-Massenet- Produktion, die diesmal in der Serie „MET im Kino“ angeboten wurde.

Es beginnt schon unkonventionell – mit einer Rückblende auf den plötzlichen Tod der Mutter, die von Lotte einen Eid auf eine Hochzeit mit Albert verlangt hat und wie ein Trauerengel die Szene beherrscht. Dann tritt Werther auf – und Jonas Kaufmann präsentiert sich  in einer seiner stärksten Rollen. Schön, introvertiert, von Melancholie gepeinigt – Jonas Kaufmann lässt von Anfang an das tragische Ende ahnen. Dabei beginnt er eher verhalten, die Piani klingen „verkünstelt“, doch das gibt sich rasch. Dieser Werther gleicht einem Vulkan der Leidenschaft, die Ausbrüche bei der Begegnung mit Charlotte sind völlig glaubwürdig, die Höhen explodieren förmlich. Die Pianophrasen bekommen Substanz. Großartig!  Sophie Koch ist eine bildhübsche  Charlotte, die  zunächst noch etwas maskenhaft wirkt. Doch ihre Verweigerung schürt erst den Wahnsinn der Begierde und Sehnsucht. Ihr Singen und Spielen bekommt Farben, die Emotionen überwältigen auch sie. Im Laufe der Vorstellung wächst die Französin  jedenfalls auch vokal über sich hinaus, am Ende hält man es für möglich, dass sich auch Charlotte erschießt. Ein rundum  gelungenes Met-Debüt.

Hervorragend auch die übrige Besetzung.  Lisette Oropesa  – ist eine ideale Sophie, ihr Singen macht fröhlich, ihr Missverstehen von Werther ist fatal. Der Serbe David Bizic is bei seinem Met-Debüt ein besonders unsensibler Albert. Männlich, angepasst und absolut verständnislos. Am Ende taucht er zu Recht nicht mehr auf. Jonathan Summers ist ein würdiger Amtmann, Philipp Cokorinos und  Tony Stevenson sind köstlich als Johann und Schmidt.

Alles in allem – die MET at its best, das Orchester der MET unter  des Franzosen mit armenischer Herkunft Alain Altinoglu schafft ideal den „Spagat“ zwischen Kammermusik und großer Oper, die Inszenierung des Briten Eyre , die den Werther nicht in der Goethe-Zeit sondern  in der Entstehungszeit der Oper 100 Jahre später ansiedelt, tut ein übriges. Und mit Jonas Kaufmann und Sophie Koch hatte man eine Besetzung zur Verfügung, die derzeit nicht besser sein kann. Werther als Belcanto-Seelenkrimi – Opernherz was willst du mehr…?

Peter Dusek

 

 

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