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WIEN / Nationalbibliothek: ZWISCHEN KÖNIGGRÄTZ UND CÓRDOBA

19.05.2013 | Ausstellungen

WIEN / Österreichische Nationalbibliothek / Prunksaal:
ZWISCHEN KÖNIGGRÄTZ UND CÓRDOBA
Meldungen, die Österreich bewegten
Vom 17. Mai 2013 bis zum 3. November 2013

Schlacht verloren, Spiel gewonnen

Es war Napoleon, der sagte: „Ich fürchte drei Zeitungen mehr als hundert Bajonette“. Die Macht des Wortes und des dazugehörigen Bildes in den Medien ist heute stärker denn je (wenn auch durch die Überflutung mittlerweile ohne besondere Nachhaltigkeit) – und die „Berichterstattung“ hat eine überlange Tradition. Schon Julius Caesar ließ am Forum gezielt jene Neuigkeiten anschlagen, die er seinen Bürgern kundtun wollte. „Meldungen, die Österreich bewegten“ zeigt die Österreichische Nationalbibliothek nun unter dem griffigen Titel „Zwischen Königgrätz und Cordoba“ – eine verlorene Schlacht, aber ein legendäres Fußballspiel, „Tooor!“ Die Welt der Nachrichten entfaltet sich im Prunksaal des Hauses in aller Buntheit und Vielfältigkeit.

Von Renate Wagner

Nachrichten – das „Futter“ der Geschichte Wir wüssten nichts von unserer Welt, hätte der Mensch nicht immer wieder das Bedürfnis gezeigt, über sich und seine Welt zu berichten, und glücklicherweise ist vieles davon auf die Nachwelt gekommen. Die Überlegungen der Ausstellung in der Nationalbibliothek, die von Hannes Etzlstorfer gestaltet wurden, gehen bis tief in die Zeiten zurück: Die berühmte römische Darstellung eines Reisewagens verweist darauf, dass hier sicher nicht nur Menschen, sondern auch Nachrichten befördert wurden, und es gibt auch eine Darstellung im „Weißkunig“, wo Kaiser Maximilian I. einen Brief empfängt – wie anders hätte man in Zeiten vor Zeitung und Internet auch kommunizieren können?

„Regenbogenpresse“ – schon immer Nicht erst heute erfreuen sich die Royals in den „bunten Blättern“ weit verbreiteter Beliebtheit. Immer schon wollte das Volk wissen, was „die da oben“ tun und wie sie leben. Woher wüssten wir es denn, dass Maria Theresia am 14. Februar 1768 in das damals noch am Michaelerplatz (also gleich „daneben“ der Hofburg-Residenz) gelegene Hofburgtheater stürzte und aus der Loge in den Zuschauerraum rief: „Der Poldl hat an Buam!“ (es handelte sich um den späteren Kaiser Franz II./I.), wenn sich die Nachricht nicht wie ein Lauffeuer verbreitet hätte und niedergeschrieben worden wäre? Hochzeiten, Kindersegen und natürlich auch der Tod waren viel besprochene Ereignisse, ab dem 18. Jahrhundert schon in den Gazetten, abgesehen von bildlichen Darstellungen. Und ab dem 19. Jahrhundert kann die Ausstellung der Nationalbibliothek noch auf eine Flut von Zeitungen zurückgreifen. Wo man noch nicht das aktuelle Foto hatte, um das sich die Welt des Journalismus heute rauft, hat man Titelblätter mit den allerhöchsten Herrschaften sorglich gezeichnet…

Katastrophen und Sensationen – bad news are good news Ob eine Heuschreckenplage zu Beginn des 16. Jahrhunderts, ob der Brand am Josefsplatz während der Revolution von 1848 (genau jenes Gebäude, in dem heute die Ausstellung stattfindet!), die Menschheit neigt dazu, Sensationen auszuschlachten, in Wort und Bild, es gibt zahlreiche Beispiele dafür. Natürlich zählen auch verlorene Schlachten zu Katastrophen, während sich der Durchschnittsmensch vermutlich viel lieber an die „friedlichen“ Sensationen hält – ob es eine Sonnenfinsternis war, die selbst einen Adalbert Stifter tief ergriff, das Erstaunen über die erste Giraffe in Wien oder der Flug des Zeppelin. Die Ausstellung fächert hier ein besonders breites Panorama von Ereignissen auf – und es wird klar, dass Dinge, die für uns zur Selbstverständlichkeit zählen (die Eisenbahn!), einst für die Menschen neu und Sensationen waren…

Zensur, Erregungen, Proteste Wo eine Presse ist, gibt es kritische Durchleuchtung von Sachverhalten, kritischer, als es den Regierenden oft lieb ist: Wie sehr die Zensur „fuhrwerkte“, zeigt die leere Zeitungstitelseite der „Muskete“ von 1908, die der k.k. Staatsanwaltschaft zum Opfer fiel. Die Zensur endete offiziell mit dem Ersten Weltkrieg (heute wird sie, so heißt es, durch das Einschalten teurer Inserate erreicht…). Erregungen gab es oft auf dem Gebiet der Kultur, und wenn die Ausstellung auch leider ein so wichtiges wie dankbares Thema wie den „Reigen“-Skandal rund um Schnitzlers Stück nicht behandelt, so darf doch hier der ewige Zündler Thomas Bernhard einspringen. Welch wichtige Rolle die Medien spielen konnte, zeigen Fälle wie Zwentendorf, wo es tatsächlich gelungen ist, auch mit Unterstützung der Zeitungen die Errichtung des Atomkraftwerks zu verhindern (und Bruno Kreisky hat zwar, wie erinnerlich, getobt – aber zurückgetreten, wie angekündigt, ist er nicht…)

Tooor! Schließlich ist es die Welt des Sports, die Österreich erregte – Hans Krankls Siegertor im argentinischen Cordoba, wo die Österreichische Elf 1978 einmal die Deutschen besiegen (und damit aus der Weltmeisterschaft werfen!) konnte, die Siege von Karl Schranz oder Hans Orscolics, aber natürlich auch, auf der tragischen Seite, etwa der Tod des Jochen Rindt. Jedenfalls fühlen sich die Österreicher wohl nie stärker als Nation, als wenn wieder einmal auf Skipisten Gold für das Land eingefahren wird…

Bis 3. November 2013, täglich außer Montag von 10 bis 18 Uhr, Donnerstag bis 21 Uhr. Ausführlicher, reich bebildeter Katalog

 

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