Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN/ Konzerthaus/Resonanzen: "XOPÓΣ/Choros" – Das Land der Griechen mit der Seele suchend.

25.01.2018 | Konzert/Liederabende

RESONANZEN: KONZERTHAUS MOZARTSAAL 24.1.2018. „XOPÓΣ/Choros“

Bildergebnis für siebenseitige lyra conrad steinmann

Das Land der Griechen mit der Seele suchend

Gegen Ende des 16.Jahrhunderts bildete sich in Florenz die Camerata, die unter anderem das Ziel verfolgte, die antike Monodie wieder einzuführen, um die dramatische Kraft der Musik zu erhöhen. Das war letztlich der Ursprung der Oper im heutigen Sinn. Diese hatte aber wohl nur wenig mit den antiken Vorbildern zu tun und ihre Entwicklung gewann eine eigene Dynamik. Der Schweizer Flötist Conrad Steinmann versucht sich nun mit seinem Ensemble Melpomen an einer Re-Renaissance und so standen an diesem Abend Werke auf dem Programm, die aus dem 7. bis 5. vorchristlichen Jahrhundert datieren. Verwendet wurden dazu Instrumente, die nach Funden und Abbildungen vom Schweizer Geigenbauer Paul J. Reichlin rekonstruiert wurden. Da ist die siebensaitige Lýra, die so aussieht wie das Instrument des Orpheus auf dem Eisernen Vorhang der Staatsoper (wenn er nicht mit anderen Kunstwerken verdeckt wird) und die ähnliche Kithára, die aber auch einen Fuß hat. Durch den eingebauten Resonanzkörper haben diese Instrumente einen ziemlich metallischen Klang. Aulós, die von Conrad Steinmann selbst geblasen wird, ist eine Doppelflöte, die es natürlich in verschiedenen Größen und Stimmungen gibt. In mittlerer und hoher Lage erinnert der Klang an einen Dudelsack. Dazu kamen verschiedene Perkussionsinstrumente wie die Handtrommel Týmpanon, die kastagnettenartigen Krótala und kleine Bronzebecken, die Kýmbala. Neben Arianna Savall, die sich als Solosängerin meist auf der Lýra begleitete, gab es einen sehr homogen klingenden Mädchenchor mit vier Damen und einen Männerchor mit drei Herren, von denen der Tenor schwer mit einer Indisposition zu kämpfen hatte. Martin Lorenz war für die Perkussion zuständig.

Ausgehend von einem großen Block mit Chören aus Oidipous Týrannos von Sophokles bis zu Texten von Sappho und Anakreon gab es eine schöne Abwechslung von Chören, Solonummern und reinen Instrumentalstücken. Die Texte zählen sicher zu den ältesten, die je bei den Resonanzen präsentiert wurden. Die Musik wurde unter Berücksichtigung von Sprachmelodie und Akzenten extrapoliert, wobei nur wenige Parameter zur Verfügung standen. Ob es damals tatsächlich so (oder ähnlich) geklungen haben mag, ist sicher schwerer zu verifizieren als eine DANN aus Fossilien zu extrahieren.

Als Banause (durchaus  im griechischen Sinn) darf ich es aber schon mit Sportin‘ Life halten: „It ain’t necessarily so“.

Wolfgang Habermann

 

Diese Seite drucken