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WIEN/ Konzerthaus/ "Resonanzen": ERÖFFNUNGSKONZERT ERASMUS VON ROTTERDAMM "LOB DER TORHEIT"

21.01.2018 | Konzert/Liederabende

RESONANZEN 2018 – KONZERTHAUS GROSSER SAAL ERÖFFNUNGSKONZERT

ERASMUS VON ROTTERDAMM    „LOB DER TORHEIT“ am 20.1.2018

Eigentlich war es ein Rezitationsabend mit feiner musikalischer Begleitung. Karl Markovics las den Erasmus von Rotterdam (1466 – 1536), Markus Hering verkörperte seine Diskussionspartner Martin Luther (1483 – 1546), Thomas Morus (1478 – 1535), Niccolo Macchiavelli (1469 – 1527) und las Texte zu Erasmus von  Stefan Zweig (1881 – 1942). Zwei außerordentlich gute Sprecher und Schauspieler, die diese Worte zelebrierten, ja schon nahezu als Mahnungen an die Menschen von heute richteten. Was hat sich geändert seit dem 15.und 16. Jahrhundert? Wüste Kriege wurden in Europa geführt, was geschieht heute, außerhalb des Bundes der EU?  Nichts anderes, nur das die Waffen noch extremer werden. Was brachten die Aufrufe großer Humanisten? Leider gar nichts. Als unbedarfte „Torheit“ war Regina Fritsch als Vortragende zu hören. Sprachlich leider lange nicht so markant und wortdeutlich wie ihre Kollegen. Oft war die Begleitmusik zu stark, sodass man Mühe hatte sie gut zu verstehen. Einige Male gerieten auch manche Stellen einfach zu schnell. Die optische Wirkung war allerdings perfekt. Die Musikalische Umsetzung lag in der bewährten Hand von Jordi Savall der mit seine Gruppen „Hesperion XXI“  und   „La Capella Reial de Catalunya“ wieder bei den Resonanzen zu Gast war. Man hörte viele Werke diverser Anonymi, zumeist als sanfte Begleitmusik zu den Rezitationen mit wenigen Instrumenten oder oft nur eine leichte Trommel oder sanfte Harfe.

Zahlreiche Kompositionen hörte man von Josquin Desprez (1450 – 1521), rein instrumental und auch vokal. Des weiteren wurden Werke von Henry Le Bailly (gest. 1637), Guillaume Dufay (ca.1400 – 1474),  Juan del Enzina (1468 – 1529), Claudin de Sermisy (ca.1490 – 1562), Mateu Fletxa d. Ä. (ca. 1530 – 1604), Heinrich Isaac (ca. 1450  – 1517), Jaques Moderne ca. 1500 – ca. 1560), Claude Goudimel (ca. 1514 – 1572) und Benedictus Appenzeller (ca. 1485 – 1558) gesungen, teils a capella, teils mit  Begleitung diverser schön klingender „ausgestorbener“ Instrumente wie Dulzian, Zink, Sackbutt (Barockposaune), Kaval (Flöte), Kanun (Kastenzither) und Santur (Psalterion). Die Ud, eine Kurzlaute wurde von den Mauren nach Europa gebracht und ist die Urmutter aller Lauteninstrumente. Nur instrumentale Werke, teils zur Rezitation, doch hauptsächlich als Konzertstücke hörte man weiter von Giovanni Maria Trabaci (ca.1575 – 1647), Martin Luther (1483 – 1546), Christopher Tye (ca. 1505 – 1573), Hans Leo Hassler (1564 – 1612), Carlo Gesualdo, Principe di Venosa (1566- 1613), John Lloyd (ca. 1475 – 1523) und Diego Ortiz (ca. 1510 – 1570).

Somit war sehr viel über die Humanisten dieser Zeit zu erfahren, ihre ungehörten Rufe und Bestrebungen um einen weltweiten Frieden, die weder von weltliche Herrscher noch vom Klerus wahrgenommen wurden. „Die Torheit“ stirbt wohl nie aus. Viel Freude kam natürlich von den Kompositionen, ob von Anonymi oder auch bekannten Namen, über deren Leben man oft nicht viel wusste. Anders natürlich über Carlo Gesualdo, dessen Leben sogar in Schnittkes Oper behandelt wird.

Ein sehr interessanter Abend voll Poesie gekoppelt mit starker warnender Ansage auf die Geschehen von heute, die Musik, hervorragend von Altmeister Jordi Savall interpretiert und geleitet geriet, leider etwas ins „Abseits.“

Elena Habermann

 

 

 

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