Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN/ Konzerthaus: Eröffnungskonzert „Resonanzen“ – „THEODORA“ – Oratorium von G.F. Händel

19.01.2020 | Konzert/Liederabende

18.1.-26.1: Konzerthaus Eröffnungskonzert „RESONANZEN“

 Seit mehr als einem Vierteljahrhundert widmet das Konzerthaus eine Woche im Jänner, nämlich der zwischen Lauberhorn- und Hahnenkammrennen, ganz der alten Musik, wobei die neuesten Werke normalerweise aus dem Barock stammen. Seit Beginn ist es auch üblich, die ganze Woche unter ein Generalmotto zu stellen und da hat man sich heuer einer großen Herausforderung gestellt. Die 10 Gebote sind ein wesentlich engeres Korsett als alle bisherigen Mottos. Nicht nur, dass in neun Tagen zehn Konzerte zu planen sind (und heuer keine Matineen im Zyklus sind), sondern auch eine zwingende Reihenfolge einzuhalten ist.

Du sollst keine anderen Götter neben mir haben wird „illustriert“ mit dem Oratorium Theodora von Georg F.Händel. Diese Theodora ist eine frühchristliche Märtyrerin, die 304  in Antiochia getötet wurde und hat nichts mit der im Programm abgebildeten Teodora I., der Frau von Justinian I., zu tun. Diese lebte über zweihundert Jahre später.

Valens, der Statthalter von Antiochia ordnet unter Androhung harter Strafen anlässlich des Geburtstages des Kaisers Diokletian die Anbetung der heidnischen Götter an und lässt sich auch von der Fürsprache des Didymus für römische Bürger, die nicht an diese Götter glauben, beirren. Im weiteren Verlauf stellt sich heraus, dass Didymus aus Liebe zu Thedora auch zum Christentum konvertiert ist. Als sich Theodora weigert, an den Anbetung teilzunehmen, wird sie zunächst in den Kerker geworfen, soll aber nicht hingerichtet werden, sondern in ein Bordell gebracht werden. Didymus kann seinen Freund überreden, ihn in den Kerker zu lassen und hilft so Theodora, in seinen Kleidern zu entkommen. Er selbst wird aber von Valens zum Tod verurteilt. Als Theodora sich bereit erklärt, an seiner Statt zu sterben, erweist sich, dass Valens nicht der Dyonis aus Schillers Bürgschaft ist, sondern ein kaltblütiger Machtmensch: Er verhilft beiden zum Märtyrertod.

Nicht nur in der Oper gibt es Umbesetzungen, auch an diesem Abend musste Brindley Sheratt krankheitsbedingt absagen und Neal Davies übernahm die Partie des Valens. Er ist nicht gerade ein jugendlicher Nachwuchssänger, hat er doch schon 1991 in Cardiff den Wettbewerb gewonnen. Die etwas raue Stimme passt perfekt zum Charakter der Rolle und er versteht es auch, die lautmalerische Brutalität des Textes (Racks, gibbets, sword and fire) deutlich zu artikulieren. Die Titelpartie war mit Louise Alder hervorragend besetzt.  Das Ensemblemitglied der Frankfurter Oper hat einen wunderbar leicht gängigen, klaren Sopran, der ohne Druck geführt wird und ideal mit dem Altus von Tim Mead harmoniert. Es war meine erste Bekanntschaft mit diesem Counter und schon die ersten Töne seiner ersten Arie (The raptur’d soul) ließen aufhorchen. Mit einer kristallenen, klaren Stimme und einem schön tragenden Piano vorgetragen, machten sie ganz großen Eindruck. Die beiden Duette zwischen Theodora und Didymus waren echte Gänsehautmomente. Wieso sind diese Stücke nicht viel bekannter ? Irene ist die Freundin von Theodora und wird der französisch-britischen Mezzosopranistin Anna Stéphany mit samtiger Stimme gesungen. Der Tenor ist (abgesehen von einem Boten, der durch einen Choristen verkörpert wurde) die kleinste der Solopartien, aber der britische Mozarttenor Jeremy Ovenden kann überzeugen und zeigt auch große Identifikation mit seiner Rolle, wenn er auch dann in die Mitte kommt, wenn er nichts zu singen hat, sondern nur von einer anderen Person angesprochen wird. (Das ist in einer konzertanten Aufführung ja nicht selbstverständlich.)

Das Ensemble Arcangelo wurde erst vor zehn Jahren von Jonathan Cohen gegründet. Dieser war Assistent von William Christie und hat das Ensemble in kurzer Zeit zu einem wichtigen Player in der Originalklangszene entwickelt. Er leitet unspektakulär, aber sicher vom Cembalo aus. Der ungefähr dreißigköpfige Chor meistert die Aufgabe, zwischen Heiden und Christen hin und her zu wechseln sehr eindrucksvoll und kann von klangvollem Piano bis zu jubelnden Hymnen alles bieten.

PS: Die klimatische Faustregel, dass an mindestens einem der „Resonanzentage“ Schnee in Wien liegt, hat sich schon am ersten Tag bewahrheitet.

Wolfgang Habermann

 

Diese Seite drucken