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WIEN / Gloria Theater: KALENDER GIRLS

09.03.2014 | Theater

T_Kalendergross

WIEN / Gloria Theater:
KALENDER GIRLS von Tim Firth
Premiere: 7. März 2014,
besucht wurde die Vorstellung am 9. März 2014

Das muss man ihm wirklich lassen: Besetzen kann er, der Gerald Pichowetz, mehr noch, er holt auch immer wieder Schauspieler in sein Gloria Theater in Floridsdorf, die sich der besonderen Gunst des Publikums erfreuen. Diesmal gleich im halben Dutzend, nein, genau genommen siebenfach – sieben nicht mehr ganz junge Damen, die teilweise noch vor Jahrzehnten den ganz großen, nicht vergessenen Fernsehruhm geerntet haben, Dorothea Parton etwa im „Ringstraßenpalais“, Brigitte Swoboda im „Kaisermühlenblues“, Erika Deutinger im „EchtenWiener“. Große Theater stehen hinter ihnen wie das Burgtheater bei Helma Gautier oder das Volkstheater bei Erika Mottl, und auch Dany Sigel und Linde Prelog haben sich stets der Gunst der Zuschauer erfreut. Welch eine Besetzung!

Das allerdings für kein Stück, sondern wieder einmal für Kino, und das ist nicht unbedingt immer theatertauglich, wenn die Titel auch locken. „Kalender Girls“, das waren doch die leicht angereiften Damen, die für einen Kalender die Hüllen fallen ließen – aber natürlich nicht wirklich, nur beinahe… aber witzig genug, dass der Film enormen Ruhm geerntet hat. Ja, ja, Helen Mirren, vor etwas mehr als zehn Jahren…

Der damalige Drehbuchautor Tim Firth hat nun, viel wegstutzend, ein Theaterstück daraus gemacht, das überall Freunde finden wird, wo man – wie diesmal – hoch besetzen kann, und das braucht es auch. Denn gar so lustig ist die Sache nicht. Immerhin handelt die erste Dreiviertelstunde nicht nur von sechs übermütigen Damen, die sich unter den strengen Augen ihrer Vorsitzenden in einem öden Landfrauenclub in Yorkshire langweilen. Da stirbt auch noch ein Ehemann ziemlich tragisch, so dass die wahre Lustigkeit nicht aufkommen will.

T_Girls mit Pichowetz
Fotos: Gloria Theater

Besagte Dreiviertelstunde dauert es auch, bis der „Chef“, sprich Gerald Pichowetz, auftauchen kann, was in seinem Theater von seinem Publikum unabdingbar gefordert wird, auch wenn es diesmal bloß für eine wirkliche Nebenrolle reicht. Immerhin sorgt er als Fotograf gewissermaßen für die spaßigen folgenden 20 Minuten – da werden die „oben ohne“-Fotos der Damen für ihren jährlichen Kalender so gemacht, dass man eben nichts davon sieht, von oben ohne nämlich, aber die Ideen für die Kalenderbilder sind erheiternd. Dafür ist nach der Pause dann nicht mehr viel los. Also, wenn man das nicht so besetzen könnte…

Aber man kann. In der Helen-Mirren-Rolle der eifrigen, die Aktion immer voranschupsenden Chris ist Dorothea Parton ununterbrochen sprühend unterwegs, während Helma Gautier den besinnlicheren Part hat: die Witwe (ihr Mann ist in der ersten Dreiviertelstunde gestorben), die diesen Kalender nicht wegen der „Hetz“ gemacht hat, sondern um mit dem Geld ihrem Gatten ein Andenken zu setzen. Und für die Freundschaft wichtiger ist als die wohlfeile Popularität, die mit dem Fast-Nackt-Kalender einhergeht.

Die anderen Damen sind Dekoration, aber jede von ihnen zeichnet eine zwar witzig-übertriebende, aber doch in sich glaubhafte Figur, voran Brigitte Swoboda als das gewissermaßen patscherte Hascherl und, im Gegensatz dazu, Erika Deutinger als die schrill-ordinäre „Society“-Dame. Dany Sigel ist der Inbegriff einer selbstironischen Lehrerin, Linde Prelog bringt trocken-pointierende Lebenserfahrung mit. Herrlich (und dünn wie ein Stecken), wie Erika Mottl etepetete über diese Schar den Kopf schüttelt. Und auch Roswitha Straka holt sich aus ein paar Rollen Lacher.

Was bei den Herren nur Gerald Pichowetz selbst gelingt, der in der schrillen Dekoration von Robert Notsch (Motto: Sonnenblumen überall) auch inszeniert hat. Fritz von Friedl muss schließlich sterben und die anderen Herren haben so gut wie keine Rollen. Ist ja auch ein Frauenstück.

Das Publikum, anfangs vergnügt dabei, dem Nachbarn zuzuflüstern, welchen Fernsehliebling man eben auf der Bühne entdeckt hat, schien zuerst ein wenig enttäuscht, dass es nicht lustiger war, aber am Ende herrschte dann doch allgemeine Zufriedenheit. Wegen der späten „Girls“ war man gekommen, und diese waren es wert.

Renate Wagner

 

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