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WIEN/ Gesellschaft für Musiktheater: TRAUMGEKRÖNT – Liederabend Marisa Altmann-Althausen / Stephan Möller

17.01.2017 | Konzert/Liederabende

16.1.2017 – Wiener  Gesellschaft für Musiktheater: „Traumgekrönt“ –
Liederabend Marisa Altmann-Althausen / Stephan Möller

Für Großes geboren, von Erscheinung, Stimme und Einfühlungsvermögen her, weiß sich die Tiroler Mezzosopranistin Marisa Altmann-Althausen immer wieder auch mit „Kleinem“ zu profilieren. Aus der beeindruckenden Fricka wurde eine Interpretin der „2. Wiener Schule“. Es standen diesmal selten zu hörende Werke von  Zemlinsky, Schönberg, Webern und Berg auf ihrem Programm, zu welchem ihr der Pianist Stephan Möller ein großartiger Partner war, der uns solistisch mit Schönbergs „Sechs kleine Klavierstücke, Op. 19“ aus dem Jahre 1911 (dem Uraufführungsjahr des „Rosenkavaliers“!) und mit Alban Bergs Sonate Op 1 (1908)  instruierte, wohin die damalige Avantgarde strebte. Durch die Oper verdorben, wo ich mir angewöhnt habe, jede Musik und deren Wiedergabe auf ihren Ausdrucksgehalt hin zu beurteilen bzw. zu genießen, konnte ich mich hier nur durch die engagierte und virtuose Spielweise des Interpreten beeindrucken lassen.

Leichter fiel mir der emotionale Einstieg bei den 4 Liedern von Alexander von Zemlinsky (1871 – 1942) aus den Jahren 1898 bzw. 1908 (wie auch alle anderen Kompositionen dieses Abends). Der spontane, gleichzeitige Einsatz der wuchtigen, sinnlichen Altstimme und des Klaviers „Unter blühenden Bäumen“ riss einen mitten hinein in diese – große – Klang- und Gefühlswelt eines  bzw. einer träumend Liebenden. Leidenschaftliche Liebesempfindungen in Verbindung mit Naturvorgängen (Frühlingserwachen, Gewitter, wogendes Korn) erklangen raumfüllend mit teils wilden Intervallsprüngen, dann wieder mit melodiösen Momenten sowohl in der Singstimme als auch vom Klavier. Zwei  in der Winterkälte angesiedelte Schönberg-Lieder („Ich darf nicht dankend an dir niedersinken…“, „In diesen Wintertagen nun sich das Licht verhüllt…“, beides Op.14) künden von einer komplexen Beziehung mit primär seelischer Verbundenheit, die teilweise in weichem Piano, aber auch mit verzweifelten Ausbrüchen der Singstimme Enormes abverlangen, von Marisa Altmann-Althausen jedoch souverän, ohne Verlust der Linie gemeistert wurden.

Schwer beim ersten Hören zu  erfassen sind die musikalischen Spielereien von Anton von Webern (1883- 1945)  in den „Fünf Liedern nach Gedichten von Stefan George, Op. 4“.  Sein Bestreben scheint es zu sein, eine eigene Klangwelt für die symbolistische Poesie von Stefan George (1868 – 1933)  zu kreieren. Dem gespenstischen „Eingang“ und dem heftig bewegten  “Noch zwingt mich Treue“ folgt das sehr langsame „Ja Heil und Dank dir, die Segen brachte...“ und – sehr interessant! –  das deklamatorisch zu singende „So ich traurig bin“, wo der Text mühelos verständlich ist. „Ihr tratet zu dem Herde“ öffnet uns in ähnlicher Weise den Zugang.

Zu den „Sieben frühen Liedern“ von Alban Berg (1885 – 1935) bemerkte die Sängerin nach dem Konzert: „Die kann man wirklich singen! Die sing ich irrsinnig gern!“ So klangen sie auch. Zum Höhepunkt wurde die Rilke-Vertonung „Traumgekrönt“. „Es war der Tag der weißen Chrysanthemen, mir bangte fast vor seiner Pracht...“, endend mit den Zeilen „Du kamst und leis wie eine Märchenweise erklang die Nacht“ in einem lang gezogenen piano-Ton auf „Nacht“, beeindruckte ungemein durch die überzeugende klangliche Umsetzung dieses Traumerlebens.

Als heftig erklatschte Draufgabe überraschten die beiden Künstler mit einem der Brettl-Lieder (1901) von Arnold Schönberg: Die Gigerlette“ (Text: Otto Julius Bierbaum). Nach dem „seriösen“ Konzert tat das mit viel Esprit im flotten 2/4-Takt  komponierte heitere Stück so richtig wohl, in welchem „beim Kutschieren…Amor hinten auf“ saß.   

Sieglinde Pfabigan

 

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