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WIEN/ Gatterburggasse/ „Merker-Kunstsalon“: STAUFFER IN ITALIEN – Verdi-Programm

Merker-Kunstsalon: VERDI-KONZERT – 17. 6. 2013. Vielversprechende dramatische Belcanto-Sänger


Russi Nikoff, Anna Ryan, Nicolas Legoux, Raul Iriarte. Foto: Herta Haider

 Am Tage der Ernennung des gestandenen Allround-Tenors Peter Seiffert zum österreichischen Kammersänger machte der „Merker“ einmal mehr durch seine Förderung von Talenten auf sich aufmerksam: diesmal naheliegenderweise mit einem reinen Verdi-Programm. Unter dem Motto „Staufer in Italien“ wurden zwei wenig gespielte Werke des Jubilars in Ausschnitten präsentiert, launig moderiert durch Elena Habermann.

Das Programm begann mit drei Arien aus der fast vergessenen Battaglia di Legnano (nur zwei Jahre vor dem Rigoletto entstanden). Die aus Armenien stammende Wahlwienerin Anna Ryan eröffnete den Reigen mit einer Sopranarie, die ihr erlaubte, belcantistische Bravour mit Verdi-typischer Attacke zu verbinden – eine Mischung, die dem italienischen Spinto-Sopran zum Erfolgsmodell verhalf. Darauf ließ Nicolas Legoux, ein klangvoller junger französischer Bass, mit der prägnanten Arie des Barbarossa (!) aufhorchen, gefolgt vom hoffnungsvollen Bulgaren Russi Nikoff, der sich durch viriles Timbre und Ausdruckskraft als künftiger Verdi-Bariton empfahl.

Der zweite, wesentlich umfangreichere Teil des Programms gehörte der italienischen Fassung der 1855 für Paris komponierten Grand Opéra Les vepres siziliennes: I vespri siciliani. Aus diesem Ausstattungsstück, mit dem Verdi seinen ersten Triumph im ballettfreudigen Paris feierte, stellten die jungen Sänger alle sangbaren Nummern zusammen und führten damit die halbe Oper konzertant auf. Es wurde ein überlanger, aber vor stimmlichen Glanzpunkten strotzender Abend.

Hier konnte der Bassist mit der großen Arie O tu Palermo alle Register seines voluminösen und schönen Basso cantante ziehen. Ihm folgte der Bariton mit der sehnsuchtsvollen Szene des Statthalters Monfort, der die sehnsuchtsvolle Klage eines Vaters um den verlorenen Sohn in klangvolle Kantilene verwandelt, was Nikoff mit professioneller Souveränität umsetzte. Danach kam es zur Gegenüberstellung zwischen Vater und Sohn – und damit zum vierten Protagonisten des Abends, dem Argentinier Raul Iriarte, der sich als veritabler Spinto-Tenor mit dunkler Mittellage und fulminanten Spitzentönen entpuppte. Wie sich die verfeindeten Familienmitglieder gesanglich aneinander entzündeten, war ein veritables Verdi-Duell.

Auch das Liebesduett durfte nicht fehlen, in dem sich Sopran und Tenor gefühlvoll baden konnten. (Dass es auch eine wunderbare Sopranarie enthält, die kein Auge trocken lässt, ist ein besonderer Fall in der italienischen Oper.)

Als Finale hatten sich die vier Solisten ein umfangreiches dramatisches Quartett ausgesucht, wo sie sich mit Ensemblegesang präsentieren konnten. Und Verdi bot ihnen dafür alle Nuancen für lyrischen und dramatischen Belcanto, die sie auch weidlich nutzten und ein nicht enden wollendes Feuerwerk von Italianità aufführten, bei dem auch der brillante Begleiter am Flügel, Pavel Kachnov, alle Hände voll zu tun bekam, alle Register zog – und beinahe das fehlende Orchester vergessen ließ.


Die vier Solisten mit dem Pianisten Pavel Kachnov. Foto: Herta Haider

Mit einer Zugabe, bei der die Herren ihrer Dame den Vortritt ließen, servierte Anna Ryan den berühmten Bolero der Elena aus derselben Oper, in der sich Verdi als versierter Kenner des Belcantostils erweist – und die Sängerin als veritable Primadonna! – endete der lange und mit üppigem stimmlichem Komfort glänzende Konzertabend.

Ein Bonbon der besonderen Art war die Einlage von Eberhard Kummer, der, sich selbst auf einer mittelalterlichen Drehleier begleitend, mit sonorer Naturstimme einige Minnelieder vortrug, darunter das allbekannte, anrührende Tandaradei des Walter von der Vogelweide. Sie erwiesen sich als angenehme Ergänzung der schaurigen Gift-und-Dolch-Dramatik der italienischen Oper.

Auch große Opernhäuser könnten sich über diese Stimmen freuen!

Johannes Schenke

 

 

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