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WIEN / English Theatre: VENUS IN FUR

28.01.2015 | KRITIKEN, Theater

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Fotos: Reinhard Reidinger

WIEN / Vienna’s English Theatre:
VENUS IN FUR by David Ives
Premiere: 26. Jänner 2015,

besucht wurde die Vorstellung am 28. Jänner 2015

Das Kino war schneller: Die „Venus im Pelz“ des amerikanischen Erfolgsautors David Ives, 2010 am Broadway herausgekommen und weltweit viel gespielt, hat sich schon vor zwei Jahren Roman Polanski geschnappt. Erstens wohl, weil es eine brillante Rolle für seine Frau enthielt, zweitens, weil der Pirandelleske Zuschnitt des Werks ihn wohl ebenso fasziniert hat wie die permanent prickelnde Erotik. Der Film hatte es, wie man nun vergleichsweise sagen kann, leichter – zwar bleib auch Polanski strikt bei der Zwei-Personen-Dramaturgie, aber er konnte das Geschehen über ein ganzes altes, leer stehendes Pariser Theater verteilen, konnte Ruhepunkte einbauen, Übergänge sorglicher erarbeiten.

Auf der Bühne selbst, etwas mehr als eineinhalb pausenlose Stunden, ist das Geschehen so intensiv, so schnell, dass man sich manchmal nach einer etwas ruhigeren Gangart sehnen würde, und so exzellent die Darsteller in Vienna’s English Theatre auch sind, sie können die letzendliche Gleichförmigkeit dessen, was da geschieht, nicht völlig auffangen.

Worum geht’s? Dass Autor Thomas Novachek die Novelle “Venus im Pelz” von Sacher-Masoch dramatisiert hat (offenbar mit jeder Menge Herzblut und Verfallenheit an das abstrus-masochistische Geschehen) und das Stück nun in einem Broadway-Theater inszenieren möchte. Man lernt ihn kennen, als er mit Hochmutsattitüde die 35 Darstellerinnen abtut, die er im Lauf des Tages erfolglos gecastet hat. Am Ende kommt noch eine – und siehe da, sie heißt Wanda, wie Sacher-Masochs weiland Gattin und Heldin.

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Dass diese Wanda ein Rätsel ist und bleibt, erfasst man erst ganz am Ende des Abends, wenn klar wird, dass David Ives uns nicht sagen wird, wer sie eigentlich ist, warum sie gekommen ist, was da eigentlich dahinter steckt und ob sie vielleicht nur einen Alptraum des Autor/Regisseurs darstellt, die Nemesis sich rächender Weiblichkeit, die auch in den raffiniertesten männlichen Spielen nur die Unterdrückung der Frau erkennt…

Anfangs jedenfalls scheint es realistisch, dass eine junge, übereifrige, zu spät gekommene Schauspielerin um jeden Preis die Chance bekommen will, ein paar Szenen mit dem Regisseur zu proben, um die Rolle zu bekommen. Er lässt sich erweichen – und los geht’s.

Was Wanda von Dunajew und Severin von Kusiemski sich bei Sacher-Masoch im einem Seebad in den Karpaten liefern, der Bund, den Mann zum Sklaven zu erniedrigen und Wanda als „strenge Herrin“ agieren zu lassen, ist nicht nur Spiel und Probe, sondern rutscht immer wieder zum Spiel zwischen Wanda und Novachek ab, wer beherrscht wen, wann, wie. Das dreht sich immer wieder im Kreis, ist ganz amüsant, dann, wie gesagt, repetitiv.

Dennoch funktioniert es, weil Regisseurin Adrienne Ferguson in dem funktional-nichtssagenden Raum (Lothar Hüttling) die Darsteller in einem nie endenden Furioso über die Bühne peitscht. Und so überzeugend Mark Elstob auch als der hochmütige „Mann“ ist, der nach und nach in die Knie geht, so ist es doch der Abend der Georgia Kerr, die nicht nur in der schwarzen Spitzenunterwäsche bemerkenswert aussieht, sondern über Bühnenpower und Bühnensouveränität verfügt, wie sie bei einer so evident jungen Schauspielerin ungewöhnlich sind. Diese Wanda-Venus zieht alle Register, spielt alle Nuancen, wirkt mal töricht, mal souverän, mal schlicht, mal hintergründig, überrascht immer wieder durch rasante Umstiege durch die Ebenen des Stücks, gewinnt stetig und stetig Oberhand… nein, da hat der Mann am Ende keine Chance.

Das Publikum auch nicht, das am Ende geradezu erschöpft in erlösten Beifall ausbricht.

Renate Wagner

Til 7 March 2015, Performances daily at 7.30pm, ex. Sundays

 

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