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WEIMAR/ Deutsches Nationaltheater: EIN MASKENBALL – Wiederaufnahme

23.09.2018 | Oper

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Foto: Youtube

Weimar, Deutsches Nationaltheater: Wiederaufnahme „Ein Maskenball“, 22.September  2018

Es war der Abend des Alik Abdukayumov, der Renato in einer Qualität sang, wie man sie nur selten hören kann. Seine große, dunkel strömende Stimme setzte der Sänger mit größter Kunstfertigkeit ein. Die Phrasierung und das Legato sind makellos. „O dolcezze perdute“ aus seiner großen Arie  war ergreifend, nur um zumindest eine unvergessliche Phrase ins Gedächtnis zu rufen.

Man muss dazu erwähnen,  dass Abdukayumov innerhalb von nur 3 Tagen zwei so unterschiedliche Rollen wie Leporello und Renato meisterhaft gesungen und dargestellt hat.

Wir freuen uns jedenfalls diesen Sänger ab Oktober auch wieder an der Wiener Volksoper als Puccini= und Verdisänger  erleben zu können.

Ein anderer Höhepunkt des Abends war die Ulrica der Nadine Weissmann. Die Künstlerin, die etliche Jahre Mitglied des Weimarer Ensembles war, ist eine u.a. im Wagnerfach international hoch geschätzte Sängerin, die als Erda in Bayreuth gefeiert wurde. Eindrucksvoll überzeugend gestaltete sie die Wahrsagerin und bewies mit ihrem edlen, hochmusikalischen Gesang, dass sie auch eine große Verdisängerin ist.

Jaesig Lee, der Riccardo gab, verfügt über eine starke, höhensichere Tenorstimme und zeigt in seiner Darstellung viel Körpereinsatz. Er sollte aber in Zukunft darauf achten, dass es im Verdi-Gesang auf das rechte Maß ankommt.

Camila Ribero- Souza (Amelia) gelang ihre große Arie am Beginn des 2.Aktes eindrucksvoll. Su Jin Bae (Oscar), Henry Neill (Silvano), Daeyoung Kim (Samuel), Andreas Koch (Tom), Walter Farmer Hart (Oberster Richter) und Xiaoyu Wei (Amelias Diener) brachten solide Leistungen.

Stefan Lano, der lange an der Wiener Staatsoper als Solorepetitor tätig war, und den sein Weg schließlich bis an die New Yorker MET führte, leitete Ensemble, die Staatskapelle Weimar und den Chor auch  auf Grund seiner großen Erfahrung mit Einfühlungsvermögen und Können. Es soll erwähnt sein , dass der Maestro auch als Komponist von preisgekrönten Werken tätig ist, darunter 3 Sinfonien und Lieder.

Die Inszenierung (Eva-Maria Höckmayr) ist leider nicht gelungen und wird dem Werk keinesfalls gerecht. Mühsam ist es für den Zuschauer, die andauernd flimmernden, den ganzen Bühnenraum ausfüllenden Videofilme auszublenden, die meist die Protagonisten zeigen, oft deren Köpfe bühnenfüllend und ohne Unterbrechung. Würde man zu diesem Kunstgriff des Ignorierens nicht greifen (mit einem Opernglas ist es möglich), könnte man sich beispielsweise weder auf Amelias, noch auf Renatos Arie am Beginn des 2. Aktes konzentrieren. Andauernd würde man von den überlebensgroßen Augen Riccardos angestarrt.

August Everding sagte einmal, die Overtüre sei der einzige Raum, in dem die Phantasie des Publikums noch frei spielen kann. Es ist also nicht notwendig, ja sogar unangenehm, wenn sie mit irgendeiner Bühnen- oder Videodarstellung, der meist  auch nur ein sehr bescheidener Einfall zu Grunde liegt,  zugepflastert wird.

Aus dem Lebenslauf entnehme ich, dass die Regisseurin eine Schule besuchte, die den Namen des großen Regiemeisters trägt, an dessen Worte man sich vielleicht zumindest gelegentlich erinnern sollte. 

Ja, und dann der kleine Junge. Wieder wurde ein kleiner Junge als Figur in  die Handlung eingeführt (wie ja auch schon im Weimarer Don Govanni). Diesmal, so scheint es, als Sohn Renatos. Also das mit den kleinen Jungen ist derzeit offenbar Mode.

Trotz alldem, und natürlich wegen der eingangs beschriebenen eindrucksvollen Gesangsleistungen, bin ich froh, die Aufführung besucht zu haben.

Christoph Karner

 

 

 

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