Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

ULAN UDE/ Südostsibirien: COSÌ FAN TUTTE – Neuinszenierung

19.10.2014 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

ULAN UDE/Südostsibirien: Kurzbericht COSÌ FAN TUTTE – NI am 17. und 18.10.2014


Opern- und Ballett-Theater Ulan Ude, Haupteingang. Foto: Dr. Klaus Billand

 Einmal im Jahr bringt das Buriatische Opern- und Ballett-Theater in Ulan Ude, der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Buriatien, die Neuinszenierung einer Oper, neben einem Repertoire mit wenigen monatlichen Aufführungen. Das Theater, welches von Stalin bereits 1939 konzipiert wurde, wegen des 2. Weltkriegs aber erst in den Jahren 1945-52 erbaut werden konnte, ist nach Angaben seiner Leitung der Stolz Buriatiens. Es gehört zum nationalen Erbe sowohl Buriatiens wie ganz Russlands. Dass es so hoch im Kurs steht bei der Regierung wie bei der Bevölkerung, konnte man als Angereister „aus fernem Land“ leicht feststellen. Der Minister für Kultur Buriatiens, Timur Tsybikov, betreute mit dem Leitungsteam des Theaters die Ehrengäste, Protagonisten und auch die Journalisten. Das Publikum nahm den ersten Mozart nach 52 Jahren an diesem Theater mit „Così fan tutte“ in der Inszenierung von Hans-Joachim Frey, dem Künstlerischeren Leiter des Brucknerhauses Linz, mit großer Begeisterung auf. 1962 war es auch die „Così“. Wann und wo hat es das schon mal gegeben, dass in der Schlussszene der „Così“ bei der Reprise vor Begeisterung rhythmisch geklatscht wurde…

IMG_0962
Schlussapplaus. Foto: Dr. Klaus Billand

 Frey hatte hier vor einem Jahr bereits den „Fliegenden Holländer“ inszeniert, der dann auf Besuch in das relativ nahe Irkutsk am westlichen Baikalsee ging und später auch ins weißrussische Minsk. Wie damals konnte er mit seiner zu großen Teilen unkonventionellen, aber sich gleichwohl im theatralischen Duktus von Mozart und Lorenzo da Ponte bewegenden Inszenierung einen großen Erfolg verbuchen. Dabei stand ihm Marc Bogaerts als kongenialer Choreograph mit einem in dieser überzeugenden Form wohl selten zu sehenden Bewegungschor zur Seite. Sie inszenierten die universale Bedeutung der Liebe, indem der hier ausschließlich aus jungen Menschen bestehende Chor des Buriatischen Opern- und Ballett-Theaters zum Tanzen animiert und angeleitet wurde. Während das bekannte Spielchen auf der Bühne ablief und dabei auch lokale kulturelle Elemente geschickt in das Geschehen eingeflochten wurden, waren immer wieder die jungen Leute auf der Bühne, mal singend, mal tanzend, immer präzise das Geschehen bisweilen pantomimisch kommentierend – wie einst der Chor im alten Hellas. Dadurch wurde eine intensive und niemals Langeweile aufkommen lassende dramaturgische Wirkung erzielt, die auch beim Publikum bestens ankam.

 Nun ist Ulan Ude, wenn es um Mozart-Gesang geht, sicher nicht mit Salzburg zu vergleichen. Es war dennoch erstaunlich, wie gut die meisten SängerInnen, die hier alle als RollendebütantInnen und auf für sie doch recht fremdem Italienisch sangen, mit ihren Partien zurecht kamen, einige sogar sehr gut. Dazu kam bei allen eine intensive Mimik und Darstellung, als hätten sie das Stück schon des öfteren gespielt. Auch der Chor war stimmlich bestens bei der Sache. Die Inszenierung strahlte durch die Intensität der Bewegungsregie enorme Frische und Lebendigkeit aus.

 Der junge Dirigent Philip Chizhevsky vom Bolschoi-Theater Moskau entfaltete einen beschwingten und beherzten Mozart-Klang im um einige Gäste aus anderen Landesteilen ergänzten Orchester und wusste die SängerInnen stets mit Blickkontakt bestens zu führen. So war große Harmonie zwischen Graben und Bühne garantiert. Bei der Reprise tags drauf sprang bei einer gegenüber der Premiere noch intensiveren Spielfreude aller Akteure regelrecht der Funken ins zahlreich erschienene Publikum über, darunter sehr viel junge Leute.

 Detaillierte Rezension folgt.

Klaus Billand aus Ulan Ude

 

Diese Seite drucken