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TOBLACH/ Dobbiaco: MUSIC AT THE GRAND HOTEL

14.09.2020 | Konzert/Liederabende


Streichsextett Verklärte Nacht op.4, (c) Max Verdoes

Toblach/Dobbiaco: Music at the Grand Hotel  11.-13. 9.2020

Unter dem Motto „Mahler Revisited: das erste Mahler Originalklang Festival“ fanden einige Kammermusik-Konzerte an dem historischen Ort statt, wo Gustav Mahler 1908-1910 seine Urlaube mit dem Komponieren u.a. seines Liedes von der Erde verbrachte.

Die Idee ist, Mahler Musik im Originalklang seiner Zeit, d.h. von der Mitte der 1880er Jahre bis 1910 zu spielen, also in der Art, wie sie Mahler als Orchesterdirigent wahrnahm, und wie er sie sich in seinen eigenen Kompositionen vorstellte und in seinen Partituren niederlegte. Dazu wurde von der Stiftung Euroregio Kulturzentrum G.Mahler Toblach Dolomiten das Grandhotel Orchestra gegründet. Dessen Premiere mit einer Mahler-Symphonie mußte heuer aus bekannten Gründen verschoben werden, und die 30 geplanten Konzerte des Festivals mußten auf acht Kammermusik- und Streichquartett-Abende reduziert werden.

Dabei stellt sich natürlich gleich die Frage, wie ein Mahler-Originalklang Festival mit Kammermusik durchgeführt werden kann, wenn der Namensgeber nur ein unvollendetes Klavierquartett und einige Liederzyklen komponiert hat. Deshalb kommen in den zwei besuchten Konzerten nur Mahler-Zeitgenossen zu Gehör, während Mahler selber weitgehend auf die kommenden Jahre verschoben wurde.

In dem Kammermusikabend am 12.9. wurden unter dem Motto Zwischen Welten – Arnold Rosé und sein Quartett zwei so verschiedene Werke wie das Streichsextett Verklärte Nacht op.4 von A.Schönberg und J.Brahms‘ Klarinettenquintett op.115 gespielt. Arnold Rosé war ein Studienfreund von Mahler und von 1881 bis 1938 Konzertmeister im Orchester der Wiener Hofoper. Der Musizier-Stil Rosés und seines phiharmonischen Streichquartetts war sowohl für die späte Gründerzeit als auch für die Wiener Moderne gleichermaßen prägend, es war ein Quartett par excellence der Jahrhundertwende und bestritt die Uraufführungen so unterschiedlicher Werke wie Brahms‘ Klarinettenquintett, Schönbergs Verklärte Nacht und die Streichquartette von Schönberg, Berg, Webern und Zemlinsky. Für das Grandhotel Orchester Toblach sind die Aufnahmen A.Rosés und seines  Quartetts eine wertvolle Quelle bei der Suche nach dem Klang der Jahrhundertwende.


A.Webern: Fünf Sätze für Streichquartett, op. A.Schönberg,  (c) Max Verdoes

Die Streicher benutzen ausschließlich wie damals üblich Darmsaiten und pflegen ein weitgehend vibratofreies Spiel. D.h. aber nicht, daß dadurch alles eher verhalten und sanfter klingt, im Gegenteil, es werden Rubati, also aus dem Takt ausscherende Stellen, sehr kraftvoll aussgespielt und auch das An- und Abschleifen von Tönen viel intensiver als heute eingesetzt. Bei der ‚Verklärten Nacht‘ fällt das ganz besonders auf. Die Frage, die sich die Programmheft-Schreiberin stellt, „ob ihr oft jugendlich überschäumender Tonfall durch die stilistische Neuerarbeitung auf Darmsaiten wohl relativiert wird“, kann eindeutig mit Nein beantwortet werden. Die Interpretation von Brahms‘ Klarinettenquintett erscheint zwar insgesamt weicher, nobler, aber die original Klarinette generiert einen besonders kompakten durchdringenden Sound, wunderbar geblasen von der Osttirolerin Gertraud Fröschl.

In der Abschlußmatinee am 13.9. kam unter dem Titel „Zeitgenosse der Zukunft“ Streicher- und Bläserbesetzungen mit Kompositionen von L Janacek, F.Schreker und A.Webern zu Gehör.

Besonders das zum Kammermusik Repertoire gehörende Streichquartett Nr.2 „Intime Briefe“ von Janacek ist bei dieser Wiedergabe eigentlich kaum wiederzuerkennen. Janacek erlaubt sich hier instrumentale Finessen, die in einzigartiger Akkuratesse von den Streichern fast minimalistisch hingetupft werden, wobei die Viola die ungetümen Kurzsätze mit einem flageolettartigen Liegeton verbindet. Janacek läßt dabei abgündig tief in seine Seele hineinblicken. Dagegen bleibt Schreker eher der Tradition verbunden. Die Tanzallegorie Der Wind ist eine Choreographie mit Kammermusik in einer gemischten Besetzung für Flöte, Horn, Violine, Cello und Klavier, die in eine ausgesprochene Klang-Homogenität führt.

Am Bläsersextett Mladi (Jugend) von L.Janacek werden exemplarisch Flöte/Piccolo, Klarinette, Baßklarinette, Fagott, Horn und Oboe, wie sie damals in Wien verwendet wurden, aufgezeigt, wie sich auch von Mahler selber für sein Hofopern Orchester in Auftrag gegeben wurden. Es ergibt sich ein heller, farbiger aufgefrischt runder z.T. Mischklang, der Janacek in einer eher unbeschwerten Jugend darstellt.

Als Abschluß erklingen die 5 Sätze für Streichquartett von Webern (Heftig bewegt, Sehr langsam, Sehr bewegt, Sehr langsam, In zarter Bewegung). Sie werden wie in den anderen Werken von jungen  InstrumentalistInnen, die unterschiedlichen Ensembles angehören, z.T. noch Studierenden, ausgeführt.  Besondere Akkuratesse und virtuose Fähigkeiten können bei diesen schroffen Webern -Stücken die 1.Geigerin und die Cellistin hervorkehren. 

Alle Darbietungen erzeugen Lust auf die kommenden Jahre.                     

Friedeon Rosén

Fotos sollten folgen!

 

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