Korngold
FLENSBURG / Schleswig-Holsteinisches Landestheater: DIE STUMME SERENADE
Ein trotz mehrerer Wiederbelebungen in den vergangenen Jahren (zuletzt 2017 in Coburg) doch weitgehend unbekanntes musikalisches Juwel von Erich Wolfgang Korngold ist die musikalische Komödie in zwei Akten namens „Die stumme Serenade“. Warum das Werk nicht viel öfter auf den Spielplänen zu finden ist und warum sich auch das (Flensburger) Publikum eher zurückhaltend mit dem Besuch dieses musikalischen Juwels gibt, lässt sich nicht so recht sagen. Das Stück hat alles, was ein Hit braucht und auch die temporeiche Inszenierung und die engagierte Darstellung auf der Bühne hat alles, was es zum großen Erfolg braucht. Seinerzeit waren die Arien „Luise, Luise, du hast etwas“ und „Ich geh mit Dir ans End der Welt“ regelrechte Hits.
Das nur aus wenigen Musikern bestehende Instrumentalensemble ist im hinteren Teil der Bühne platziert und wird während der Vorstellung weitgehend von einem Vorhang verdeckt. Unter der musikalischen Leitung von Theo Saye und mikrofonverstärkt kommen die Melodien teilweise sehr üppig rüber und entfachen ein sprühendes Feuerwerk musikalischer Farben.

Andrea (Rastislav Lalinský) schmachtet Silvia (Andrea Müller) an. (Foto: Henrik Matzen)
Regisseurin Kornelia Repschläger verlegt die Handlung gemeinsam mit ihrem Bühnenbildner Olaf Grambow in ein Filmstudio. Passend zu Korngolds Karriere als Filmmusik-Komponist wird „Die stumme Serenade“ in den berühmten „Global Studios“ verfilmt:
In Neapel ist die Welt noch in Ordnung und die Moral wird hochgehalten: Umso größer ist das Entsetzen, als Schauspieldiva Silvia Lombardi berichtet, dass ein Unbekannter sie im Schlaf überrascht und geküsst habe! Während es sich dabei in den Augen der entrüsteten Staatsgewalt natürlich um eine versuchte Entführung handelt, mutet eine in derselben Nacht unter dem Bett des Ministerpräsidenten deponierte Bombe dagegen weitaus weniger spektakulär an – zumal diese ja noch nicht einmal hochgegangen ist …
Polizeiminister Caretto kommt jetzt die undankbare Aufgabe zu, herauszufinden, wer was war und warum das alles überhaupt geschehen ist. Was wie ein Polit-Thriller anfängt, entwickelt sich zu einem schräg-vergnüglichen Verwirrspiel um die Macht der Liebe, inklusive eines Modeschöpfers, dessen unhörbar gesungene Serenade ihn beinahe den Kopf gekostet hätte.

Die bleistiftartigen Zeichnungen verzaubern immer wieder aufs Neue – Eva Schneidereit und Kai-Moritz von Blanckenburg in gezeichneter Kulisse (Foto: Matzen)
Das Bühnenbild besteht weitestgehend aus bleistiftartig gezeichneten Filmkulissen, die durch farbige Beleuchtung an Lebendigkeit gewinnen. Eine tolle Idee, die immer wieder neue erfrischende Eindrücke erlaubt! Zum Thema Film ist die kompakte Dauer (ursprünglich wohl coronabedingt – die Premiere war bereits Anfang September 2021) auf 90 Minuten reduziert und auch der Sound der verwendeten Mikroports unterstützt die cineastische Interpretation. Dabei scheinen die Singstimmen nur bis zu einer bestimmten Lautstärke verstärkt zu werden, denn sobald die Sänger aussingen, klingen die Stimmen natürlich, was dem musikalischen Gesamteindruck zugute kommt.
Die einzelnen Charaktere werden von der Regisseurin in Comic-Manier slapstickartig überzeichnet, was sehr erfrischend wirkt und beim Zusehen großen Spaß macht. Die farbenfrohen Kostüme von Ralf Christmann unterstreichen diese Intention wunderbar.

Sam (Dritan Angoni) und Louise (Ayelet Kagan) sorgen für Stimmung auf der Bühne (Foto: Matzen)
In den Hauptrollen erleben wir das ehemalige Ensemblemitglied Amelie Müller, die der anspruchsvollen Rolle der Schauspielerin Silvia Lombardi stimmlich jederzeit gerecht wird und die durch ihr kokettes, divenhaftes und sich selbst nicht zu ernst nehmendes Spiel vollends überzeugt. Optisch geht die charmante Berlinerin problemlos als Italiens schönste Schaupielerin durch. Dazu ist ihre deutliche Aussprache in den Dialogen aber auch beim Singen nicht selbstverständlich und ein großes Sonderlob wert. Rastislav Lalinský hat es sprachlich etwas schwerer, spielt und singt sich aber mit Leichtigkeit in die Herzen der Zuschauer. Ayelet Kagan als spielfreudige Probierdame Luise bezaubert mit ihrem flexiblen Sopran und kokettiert gekonnt mit dem jungenhaft wirkenden Dritan Angoni, der mit seinem leichten Tenor in der Rolle als Reporter Sam Borzalino ebenfalls keine Wünsche offen lässt und als Pater Orsenigo für Lacher sorgt. Ein stimmliches Schwergewicht mit großem komödiantischen Talent ist der Bass Kai-Moritz von Blanckenburg, der als Polizeiminister Caretto vokal präsent für Zucht und Ordnung sorgt und – mit leicht modifizierter Stimmfarbe – auch eine überzeugende Kammerfrau Bettina gibt. Alma Samimi, Malgorzata Roclawska und Eva Schneidereit runden das Ensemble in mehreren kleineren Partien ab.
Im Mai und im Juni gibt es in Flensburg noch je eine Aufführung dieser Produktion zu sehen und ein Theaterbesuch lässt sich hier in der Region wunderbar mit einem Urlaub an der See verbinden…
Marc Rohde / Inhaltsangabe: (c) Webseite des Theaters